Im Norden von Velbert, nahe der Stadtgrenze von Essen, befand sich im Zweiten Weltkrieg eine Nachtscheinanlage als Attrappe des Kruppschen Stahlwerkes. Der Leitbunker ist noch erhalten. Ehrenamtliche Mitarbeiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland laden anlässlich des Tages des offenen Denkmals am Sonntag, 11. September 2016, zu einem Besuch ein.
Das Velberter Scheindorf, die ehemalige Kruppsche Nachtscheinanlage auf dem Rottberg im Zweiten Weltkrieg, war eine Attrappe der Kruppschen Gussstahlfabrik in Essen mit scheinbaren Fabrikhallen, Anlagenbauten, Schornstein mit Dampfschwaden und einer tatsächlich fahrenden Eisenbahn. Sie sollte Bombenangriffe auf das zehn Kilometer entfernt liegende Gussstahlwerk in Essen abhalten, was von 1941-1943 auch gelang. Die Attrappe war Ziel zahlreicher Bombenangriffe; die Bewohner der nahegelegenen Häuser mussten die Nächte woanders verbringen. Die Attrappe bestand im Wesentlichen aus unzähligen Lichtern, die eine Fabrik bei Nacht darstellen sollten, daher der Name Nachtscheinanlage. Alles war so geschickt gemacht, dass am Tage für die Luftaufklärer der Alliierten nichts zu sehen war. Gesteuert wurde die gesamte Technik von einem Leitbunker aus. Die Scheinanlage befand sich auf dem Velberter Rottberg, einzelne Anlagenteile dehnten sich in angrenzendes Essener Gebiet aus (Ludscheidt, Rodberger Straße). Erst durch bessere Luftaufklärung entdeckten die Alliierten die Täuschung.
Nur durch einen Zufall entging der Leitbunker (Foto) nach dem Krieg der Sprengung und Beseitigung – der damalige Eigentümer des Grundstückes, ein Landwirt auf dem Rottberg, konnte den britischen Besatzungstruppen verdeutlichen, dass er diesen unabdinglich für landwirtschaftliche Zwecke nutzen müsse – was genehmigt wurde.
Irgendwann geriet die Anlage in Vergessenheit. So ist der ehemalige Leitbunker über die Jahrzehnte unbeschädigt erhalten geblieben. Diese Bunkeranlage ist in Deutschland einer der ganz wenigen Überreste einer solchen Scheinanlage überhaupt. Die Bausubstanz befindet sich in einem unzerstörten und hervorragend erhaltenen Zustand.
Die Bunkeranlage ist damit historisch quasi einzigartig und wurde zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt – der Leitbunker ist eingetragenes Denkmal der Stadt Velbert. Die diesbezüglichen Bemühungen hat die Arbeitsgruppe Niederberg der Ehrenamtlichen Mitarbeiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, bestehend aus den Herren Dr. Grau, Lohbeck, Niedworok und Polkläser durch intensive Archivrecherchen vorangetrieben. Die Nachforschungen waren schwierig, da die Anlage seinerzeit unter strengster Geheimhaltung installiert worden war, weshalb Unterlagen und Baupläne nur sehr schwer zu finden waren. Der heutige Eigentümer der Anlage gab seine freundliche Zustimmung zur Unterschutzstellung und Präsentation des Bunkers.
2013 wurde die Anlage erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und vorgestellt. Das Thema „Leitbunker der Scheinanlage“ wurde in der Öffentlichkeit mit unerwartet hohem Interesse aufgenommen. Obwohl es bis nachmittags in Strömen regnete, fanden um 1.200 Besucher den Weg auf den Rottberg.
Seitdem wird die Bunkeranlage unter Aspekten der Denkmalpflege für Besucher museal erschlossen, dieses mit dem Ziel einer regelmäßigen Öffnung, vielleicht in Zukunft einmal als kleines Museum für Scheinanlagen.
Bisher konnte bereits im Bunker eine zeitgenössische Beleuchtung installiert und in Betrieb genommen, ein zeitgenössischer Bunkerofen aufgestellt sowie eine passende historische Eingangstür beschafft werden. Einige Velberter Firmen halfen mit Sach- und Dienstleistungsspenden. Inzwischen hat die Arbeitsgruppe eine aus Spenden finanzierte Informationstafel installiert, da an der Anlage der Neandertalsteig verläuft.
Auf das Thema „Scheinanlage“ bezogen gibt es deutschlandweit kein weiteres Museum – zwar gibt es dokumentierende Ausstellungen, denen es aber letztendlich an Artefakten fehlt. Aufgrund des erhaltenen Leitbunkers in Velbert würde ein entsprechendes Museum später doch eine gewisse Einzigartigkeit bieten.
Die Besucherinnen und Besucher erwarten am 11. September kompetente Führungen und eine immerhin schon etwas weiter erschlossene, denkmalgeschützte Bunkeranlage. Die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Agricola, Erley, Grau, Knop, Lohbeck, Niedworok und Polkläser freuen sich auf Ihren Besuch!
10 – 17 Uhr durchgängig:
Öffnung des Leitbunkers mit Besichtigung / Führung und Erläuterungen sowohl zum Leitbunker als auch zu den historischen Zusammenhängen der ehemaligen Kruppschen Nachtscheinanlage. Luftbilder und Schautafeln inner- und außerhalb des Bauwerks runden das Programm ab.
Rottberger Straße 64, 42551 Velbert, im Gelände (Beschilderungen folgen, Parkplatz ist ausgeschildert),
Für Navi-Eingabe: Asbachtal 2-6, 42551 Velbert
GPS-Koordinaten 51°21´55.16"N, 7°4´13.24"E
Es ist auf einer an den Bunker angrenzenden Wiese ein Parkplatz ausgeschildert. Gäste werden unbedingt gebeten, diesen zu nutzen, und nicht an der Rottberger Straße zu parken!
E-Mail: info@nachtscheinanlage.de