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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Gemme aus dem römischen Aachen

Fund des Monats Oktober 2014

Das Römische Aachen (Aquae Granni) entwickelte sich ab den Jahren kurz vor Christi Geburt im Bereich heißer Quellen, die im heutigen Altstadtzentrum entspringen. Im Laufe des 1. Jh. n. Chr. wurden nacheinander drei Thermalbäder am Hof, am Büchel sowie an der Stelle des heutigen Doms erbaut. Westlich der sogenannten „Büchelthermen“ entstand zu Beginn des 2. Jh. eine Platzanlage mit Tempel, die etwa ein Jahrhundert später mit einer prächtigen Säulenarkaden-Architektur (Portikus) versehen wurde, deren Überreste im Glasvorbau dieses Hauses präsentiert sind.

Die über 5000 qm große Platzfläche wird neuerdings als mögliches Forum von Aquae Granni gedeutet. Dafür sprechen neben der zentralen Lage und Größe auch architektonische Elemente, wie die schmale Raumzeile entlang der nordwestlichen Längsseite. Dies könnten so genannte tabernae gewesen sein, also Ladenräume für Einzelhandel, wie sie an Forumsplätzen üblich sind.

Bei laufenden Kanalbaumaßnahmen wurden Teile eines dieser ursprünglich mit bemaltem Wandverputz ausgestatteten Ladenräume aufgedeckt. In einer Planierschicht der ersten Hälfte des 2. Jh, unter dem eigentlichen Fußbodenbelag der taberna, fand sich die gut erhaltene Gemme.

Spätestens in der Karolingerzeit wurden die tabernae sowie die angrenzende Portikus niedergelegt. Im untersuchten Grabungsausschnitt wurde über deren Ruinen eine Gruppe von drei bis vier karolingerzeitlichen Bestattungen angetroffen. Aus einer die Gräber bedeckenden Planierschicht stammten einige Architekturteile. Eines von ihnen gehörte zu den sogenannten „Aachener Arkaden“.

Der Schmuckstein besitzt einen zur Rück- und Vorderseite leicht abgeschrägten Rand. Auf dem hochovalen Bildfeld ist ein nackter Jüngling in frontaler Körperansicht mit zur linken Seite geneigtem Kopf dargestellt. Der Jüngling blickt nach unten zu seinem ausgestreckten linken Arm, in der er eine Opferschale (patera) hält. In der rechten Hand trägt er zwei Ährenbündel. Der Arm hängt locker in Richtung Boden. Seine leicht versetzten Füße sind nach links gedreht. Darunter ist eine kurze Grundlinie erkennbar. Für das Grundschema des Körpers wurde das Schneidewerkzeug vertikal geführt, für die Ausarbeitung der Körpermuskulatur arbeitete der Gemmenschneider horizontal.

Das Motiv des nackten Jünglings mit patera und Ährenbündeln findet sich oft unter der Bezeichnung bonus eventus (Gutes Gelingen) auf Münzen. Die Gemme schmückte vermutlich einen Fingerring und sollte dessen Träger unter den besonderen Schutz dieses Gottes stellen.

Der so genannte „Flachperlstil“, der sich hier auf Grund der geraden, oft parallel nebeneinander gesetzten Linien sehr gut bestimmen lässt, deutet auf eine Datierung von der Mitte des 1. Jh. n. Chr. bis zum Anfang des 2. Jh. Stilistisch lässt sich die Aachener Gemme mit einer Vielzahl ähnlicher Objekte aus Werkstätten in Aquileia vergleichen, die in diesem Zeitraum dort gefertigt wurden. Überhaupt zeigt sich bei Gemmen vom Übergang des 1. zum 2. Jh. eine Veränderung in Stil, Inhalten und Motiven sowie eine Vorliebe für die Verwendung von Karneol und rotem, sehr opakem Jaspis. Eine Versteifung der Figuren nahm zu und Standartmotive, wie der bonus eventus wurden immer geläufiger.

Der Schmuckstein ist als Fund des Monats Oktober 2014 im Foyer des LVR-Landesmuseums Bonn zu sehen.

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