Seltene Bachflohkrebse aus dem Tagebau Hambach
Die großen Tagebaue im Rheinischen Braunkohlenrevier sind ein Eldorado für Paläontologen. Die riesigen Aufschlüsse ermöglichen detaillierte paläontologische Untersuchungen, wie sie im Rheinland nirgendwo sonst so durchgeführt werden können. Seit weit über 200 Jahren werden in den Gruben und Tagebauen Fossilien geborgen: zumeist Pflanzenreste wie Blätter, Früchte, Samen und Holz. Ihr Artenreichtum ist enorm, ihre Erhaltung hervorragend. Kein Wunder, dass Pflanzenreste von hier weltweit bekannt sind.
Viel weniger wissen wir dagegen über die Fauna. Funde von Arthropoden (Gliederfüßer) – hierzu gehören Krebse, Insekten und Spinnen – waren immer sehr selten. So war die Überraschung groß, als Paläontologen mit Unterstützung der RWE Power AG im Tagebau Hambach hunderte kleiner, ca. 4 Millionen Jahre alter Arthropodenreste fanden. Sie stammen aus einer ca. 5 m mächtigen feinlaminierten Tonlage von der 2. Sohle im Tagebau Hambach. Der Ton gehört den unterpliozänen oberen Rotton-Schichten (Horizont 9 C) an.
Der Großteil der Funde sind Bachflohkrebse (Gammaridae), die zwar klein sind, sich aber durch ihre orangerote Farbe deutlich vom Gestein abheben. Der als Fund des Monats gezeigte Bachflohkrebs (Gammarus foss sp.) ist das erste gefundene Exemplar und darüber hinaus auch eines der schönsten Stücke aus der Fundstelle. Deutlich erkennbar sind Antennen, Beinchen, Rückenpanzer und Hinterleib.
Die heutigen Bachflohkrebse leben überwiegend im Süß- und Brackwasser und bevorzugen kleine Fließgewässer, wo sie sich vornehmlich in zusammengespülten Lagen von Blättern aufhalten. Diese dienen ihnen als Nahrungsquelle, ebenso wie Aas und kleine Beutetiere, wie z.B. die Larven von Eintagsfliegen. Dies deckt sich gut mit den Beobachtungen an der Fossilienfundstelle, wo eine artenreiche, überwiegend sommergrüne Laubmischwaldflora nachgewiesen werden konnte, aber auch Einzelteile von Eintagsfliegenlarven. Auch die fossilen Bachflohkrebse ernährten sich also von den Resten abgestorbener Pflanzen und Tieren, die uns zudem Auskunft über den Lebensraum vor 4 Millionen Jahren geben.