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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats April 2025

Zeugnisse eines Heerlagers

Spätmittelalterliche Glasgefäße aus Neuss

Auf dem Reckberg in Neuss-Uedesheim kamen bei einer Ausgrabung in der Nähe des römischen Kleinkastells 40 Gruben des späten Mittelalters zutage. Aus drei dieser Gruben stammen Glasfragmente von bis zu sechs Kreuzrippenbechern aus dem fortgeschrittenen 15. Jahrhundert.

Die schalenförmigen Trinkgefäße, sogenannte Maigelein, mit kegelförmig eingestochenem Boden wurden aus Waldglas gefertigt. Die Herstellung des durch Eisenoxide grünlich gefärbten Glases erfolgte in sogenannten Waldglashütten. Das flüssige Glas wurde in Tonmodeln in Negativform der Maigelein direkt ausgeblasen. Die Verzierungen in Form von Rippen, Kreuzrippen, Rillen, Dellen, Quadern oder Korbmustern waren bereits in das jeweilige Model eingearbeitet.

Der vor Ort verfügbare Sand ließe zunächst eine Glasherstellung vor Ort vermuten, was sich nicht bewahrheitete. Vielmehr stehen die Maigelein in Zusammenhang mit der Belagerung von Neuss in den Jahren 1474–1475 durch den burgundischen Herzog Karl den Kühnen. Dies legen Waffenfunde aus dem späten 15. Jahrhundert, darunter eine Kanonenkugel aus Trachyt, Keramikgefäße, einen Zapfhahn aus Kupferlegierung und die schriftliche Überlieferung des burgundischen Chronisten Jean Molinet nahe. Dieser berichtet, dass Kaiser Friedrich III. von Köln aus in Richtung Neuss zog, um die Belagerung zu beenden, was ihm binnen kurzer Zeit im Mai 1475 auch gelang. Der Kaiser ließ sein Heerlager „auf dem Stück zwischen Berg und Rhein“ aufschlagen. Es ist anzunehmen, dass sowohl die Gruben wie auch die Funde von Aktivitäten im kaiserlichen Lager während der kurzen militärischen Auseinandersetzungen im Mai 1475 stammen.

Text: Dáire Leahy

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