Unterteil des Elfenbeinkästchens aus einem Frauengrab in Bonn. Es diente möglicherweise zur Aufbewahrung von Schminke oder von Fingerringen. Foto: Jürgen Vogel / LVR-Landesmuseum Bonn
In der Seitenansicht ist der halbierte Stoßzahn mit seinen Wachstumsringen gut zu erkennen. Foto: Jürgen Vogel / LVR-Landesmuseum Bonn
Durch Korrosion haften am Scharnier die Gewebereste des Leichentuchs. Foto: Jürgen Vogel / LVR-Landesmuseum Bonn
Im spätantiken Gräberfeld des Bonner Legionslagers wurde das Grab einer 60-jährigen Frau bei Ausgrabungen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland freigelegt. Die körperbestattete Tote war mit einem Leichentuch bedeckt worden, worauf Reste eines groben Gewebes in sogenannter Panamabindung deuten. Neben einem schlichten Ring, den sie am Finger trug, fanden sich weitere Beigaben neben dem Kopf der Verstorbenen: eine Glasnadel, zwei Glasgefäße, darunter die Miniatur eines gläsernen Kugelbauchfläschchens, und als besonderes Objekt der untere Teil eines Elfenbeinkästchens.
Das durch die Bodenlagerung stark abgebaute und in Teilen fragmentierte Elfenbein wurde in den Werkstätten des LVR-Landesmuseums Bonn restauriert. Durch eine konservatorische Festigung konnte der seltene Fund als nahezu ganzes Stück erhalten bleiben. Das 12 x 7 x 4,5 cm große und nur 101 g schwere Behältnis wurde aus dem Teilstück eines halbierten Stoßzahns eines afrikanischen Elefanten gefertigt. Es weist auf der Innenfläche sechs kleine Bohrungen von 1 cm Dm. und ca. 2 cm Tiefe auf sowie in der Mitte zwei größere, gedrechselte Vertiefungen, die einen Dm. von 3,7 cm und 4,5 cm besitzen. Während die kleinere von Beiden zusätzlich vertieft wurde, blieb in der größeren ein Steg stehen.
Am hinteren Rand des Kästchens sind zwei Scharniere angebracht, von denen das rechte die Gewebereste des Leichentuchs aufwies. Die Scharniere dienten zur Befestigung eines ehemals vorhandenen Deckels. Ihre unterschiedliche Gestaltung und asymmetrische Anbringung sowie eine Ausbruchstelle sprechen für eine antike Reparatur. Da die Scharnierlaschen in unterschiedliche Richtungen weisen, waren die beiden Kästchenhälften zum Zeitpunkt der Grablege wohl nicht mehr fest miteinander verbunden. Allerdings bleibt unklar, ob der Deckel überhaupt mit beigegeben wurde.
Sehr gut erhaltene Vergleichsfunde, wie etwa aus Le Pouzin in Frankreich, legen eine Nutzung als Schminkkästchen oder zur Aufbewahrung von Fingerringen nahe, die genaue Funktion bleibt jedoch unklar. Anhand der übrigen Beigaben lässt sich das Grab ins 3.–5. Jahrhundert datieren. Der Zustand des Elfenbeinkästchens spricht für eine lange Nutzung und könnte auf eine frühere Herstellung hindeuten.
Text: Jana Wertz, Susanne Domke