Meistens waren die Römerstraßen schnurgerade angelegt – wie hier beim Ort Erftstadt-Erp. (Foto: P. Gawandtka)
Vielerorts trifft man im Rheinland auf den Straßennamen "Römerstraße". Nicht allen Anwohnern ist der Grund dieser Bezeichnung bekannt. Dabei gehört das antike Verkehrsnetz zu den wichtigsten Hinterlassenschaften der etwa 500 Jahre währenden römischen Geschichte dieser Region. Viele Abschnitte der Römerstraßen sind im Boden, unter Feldwegen, häufig auch unter modernen Straßen erhalten, wie z.B. der Aachener und der Luxemburger Straße in Köln. Wegen ihres zumeist über viele Kilometer schnurgeraden Verlaufs sind sie sehr gut erkennbar.18 Kommunen und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) stellen zwei ehemalige römische Fernstraßen, zahlreiche Denkmäler in ihrer Umgebung und zugleich auch die Landschaft selbst vor.
Ursprünglich von den Römern vorrangig für Militär und Staatsverwaltung gebaut, verbanden die viae publicae Militärlager, Städte und größere Siedlungen miteinander. Als Verkehrsadern eines riesigen Reiches sicherten diese "Autobahnen der Antike" den Zusammenhalt und die Verwaltung des ausgedehnten Herrschaftsgebietes. Auf 100.000 Kilometern ermöglichte das solide angelegte und effizient unterhaltene Straßennetz den Transport von Menschen, Nachrichten und Handelsgütern aus aller Welt über Flüsse, Berge und kulturelle Grenzen hinweg. Auf Wein aus Italien, Oliven aus Spanien und die allseits beliebte Fischsoße garum mussten die Römer auch am Rhein nicht verzichten. Rechts und links der Straßen entstanden zunächst Pferdewechselstationen, Wachposten und Zollstellen, später dann Rasthäuser mit vielerlei Annehmlichkeiten, Handwerkersiedlungen und - wie in der römischen Kultur üblich - Heiligtümer und Grabstätten.
Der Erlebnisraum Römerstraße nimmt zwei römische Fernverbindungen in den Fokus, die die hiesige Provinz Niedergermanien (germania inferior) mit anderen Provinzen und natürlich mit Rom verbanden: die "Agrippastraße" von Köln über Trier und Lyon nach Marseille sowie die "Via Belgica" von Köln über Heerlen und Maastricht nach Boulogne-sur-Mer an der französischen Kanalküste. Projektträger sind die Städte und Gemeinden Köln, Bergheim, Elsdorf, Niederzier, Jülich, Aldenhoven, Baesweiler, Herzogenrath, Übach-Palenberg, Hürth, Erftstadt, Zülpich, Mechernich, Kall, Nettersheim, Blankenheim, Bad Münstereifel, Dahlem und der Landschaftsverband Rheinland, dessen Amt für Bodendenkmalpflege die Koordinierung übernommen hat. Das Gesamtvolumen beträgt 7,6 Millionen Euro und wird von EU und Land NRW gefördert.
Der Erlebnisraum Römerstraße öffnet neue Wege in die Geschichte des Rheinlands. Dabei wurde die gesamte Kulturlandschaft mit ihren Boden- und Baudenkmälern, die von Menschen gestaltete Landschaft und der Naturraum in einem Korridor entlang der Route einbezogen. Er ist daher keine „Themenroute“. Hierdurch unterscheidet sich "Erlebnisraum Römerstraße" von vergleichbaren Projekten in Deutschland.
Die antiken Straßen sollen auf ganzer Strecke und samt der Natur-, Siedlungs- und Wirtschaftsräume, die sie durchqueren und erschließen, als ganzheitlicher Erlebnisraum betrachtet und wieder in Wert gesetzt werden.
Eine 170 Kilometer lange Rad- und Wanderroute, die so nah wie möglich an der Originaltrasse geführt wird, bietet einen bisher nicht dagewesenen Einblick in römisches Leben entlang der ehemals bedeutenden Verkehrswege im Rheinland. Ein einheitliches Kennzeichnungssystem - erkennbar am VIA-Logo - führt entlang der Route. Säuleneichen und im Boden eingebrachte Betonpfeile markieren die heute nicht mehr erhaltenen Streckenabschnitte. Zudem geben Meilentaktungen die Entfernung zum Ausgangspunkt der Straße in Köln an.
Das VIA-Logo des Erlebnisraums
Wissenswertes zu den Römerstraßen allgemein und zu den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung erfahren Interessierte an sechs nach dem lateinischen Begriff Mansio (= Rasthaus) benannten Rast- und Umstiegsplätzen. 94 Tafeln bieten Informationen an den Sehenswürdigkeiten entlang der Route und erschließen sowohl die römische Besiedlung als auch Denkmäler jüngerer Zeit.
An Bahnstationen und größeren Parkplätzen wurden allgemeine Informationsstelen für den Ausflug ins römische Rheinland installiert. Besondere Teilprojekte sind der Archäologische Landschaftspark in Nettersheim und die moderne Präsentation einer herrschaftlichen Römervilla in Blankenheim, die in den kommenden Wochen eröffnet werden.
Erläuterungen zu den Römerstraßen geben außerdem Informationszentren, die zur Zeit an drei weiteren Standorten entstehen: In der Zitadelle Jülich werden Besucherinnen und Besucher in einer eigens entwickelten Ausstellung viel zur Via Belgica erfahren, während im Naturzentrum Nettersheim die Agrippastraße vorgestellt wird. Im Gildehaus in Blankenheim geht es in erster Linie um das römische Agrarwesen. Ein weiteres Informationszentrum in der Burg Rode in Herzogenrath stellt die Geschichte dieses mittelalterlichen Wahrzeichens der Stadt vor.
Alle Wege führen nach Köln: Im Erlebnisraum Römerstraße nimmt die Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA), als Hauptstadt der römischen Provinz Niedergermanien, heute die Rolle ein, die sie auch in römischer Zeit besaß.
Köln ist Knotenpunkt der Rad- und Wanderwege entlang der Agrippastraße und der Via Belgica. Die Route im Gebiet der Stadt Köln ist rund 20 Kilometer lang und durch Bodenmarkierungen und Banderolen an Bäumen mit der Aufschrift VIA gekennzeichnet. Sie verläuft unmittelbar entlang der historischen Achsen Luxemburger Straße (= Agrippastraße, 4,2 km) und Aachener Straße (= Via Belgica, 9,7 km) sowie einer weiteren römischen Fernstraße, der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Limesstraße (4,7 km). 15 Sehenswürdigkeiten an den Kölner Straßentrassen sind durch Informationstafeln ausgezeichnet. Hinzu kommen zwei Stelen mit allgemeinen Fakten zu den Römerstraßen. An der antiken Hafenstraße in den Außenanlagen des Römisch-Germanischen Museums ergänzen drei Tafeln zur Hafenstraße ein neues Infozentrum im Museum. Dort dreht sich alles um das römische Straßenwesen und die Rolle Kölns als Provinzhauptstadt Niedergermaniens. Im öffentlich zugänglichen Foyer des Museums bietet ein interaktives Modul eine ausführliche Einführung in die Thematik an
Zum Erlebnisraum Römerstraße ist ein Führer im Taschenformat ("Pocketguide") erschienen, der auf 52 Seiten Informationen zum Streckenverlauf und den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in den 18 Städten und Gemeinden gibt. Erhältlich ist diese Broschüre gebührenfrei in den Tourismusbüros der Region und bei den beteiligten Kommunen. Er kann auf dieser Seite als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Zudem hat das Römisch-Germanische Museum der Stadt Köln unter dem Titel "RömerStraßenKöln - Durch Raum und Zeit" ein Begleitheft zum neuen Informationszentrum herausgegeben, mit dem die römischen Fernstraßen der einstigen Provinzhauptstadt erkundet werden können. Das 64 Seiten umfassende, großzügig bebilderte Heft kann beim Römisch-Germanischen Museum gegen einen frankierten Rückumschlag (für DIN A 4, Porto 1,45 Euro) kostenfrei bestellt oder als PDF auf dieser Seite heruntergeladen werden.
Zwei besondere Teilprojekte im Rahmen des Erlebnisraums Römerstraße sind die moderne Präsentation einer ehemals sehr repräsentativen Römervilla in Blankenheim und der Archäologische Landschaftspark in Nettersheim mit einem Matronenheiligtum, den Überresten einer römischen Siedlung und einem spätantiken Kleinkastell. Diese beiden Attraktionen wurden im Sommer 2014 eröffnet. Sie lohnen vor allem auch dershalb einen längeren Besuch, weil man gleich auch die nahegelegenen Infozentren besuchen kann.
Zum Erkunden der Römerstraßen und vieler Sehenswürdigkeiten sind zwei praktische Hefte erschieden, die Sie hier herunterladen können:
Begleitend zum Projekt "VIA - Erlebnisraum Römerstraße" sind zwei Reiseführer erschienen, die in Etappen und mit Exkursen die Sehenswürdigkeiten an der Strecke und in der näheren Umgebung vorstellen (Fotos oben). Die beiden Bücher von Heinz Günter Horn (Agrippastraße) und Susanne Jenter (Via Belgica) können nur im Buchhandel und beim Bachem-Verlag jeweils zum Preis von € 14,95 bezogen werden.
Das Projekt "Erlebnisraum Römerstraße" wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie der Förderrichtlinie für Stadterneuerung NRW gefördert