LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Schutz von Natur und Denkmälern in Einklang bringen

Naturschutzgroßprojekt zwischen Siebengebirge und Sieg

Bedeutende Natur- und Kulturlandschaften langfristig zu erhalten und nachhaltig weiterzuentwickeln sind die Hauptaufgaben des Förderprogramms "chance.natur" des Bundesumweltministeriums. Seit Dezember 2010 kommt der Rhein-Sieg-Kreis in den Genuss dieses Förderprogramms für das Naturschutzgroßprojekt "chance.natur: Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg".

Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland unterstützt Kreis und Kommunen bei diesem einzigartigen Zukunftsprojekt mit dem von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt seit Dezember 2011 geförderten Projekt "Modellhafte Entwicklung eines Konzeptes zur Wahrung der Belange des Kulturgüterschutzes im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes in der Kulturlandschaft "chance.natur: Natur- und Kulturlandschaft zwischen Siebengebirge und Sieg".


Das über 10.000 Hektar große Projektgebiet im südöstlichen Rhein-Sieg-Kreis – der Landschaftsraum zwischen Siebengebirge und Windeck an der oberen Sieg – betrifft die Kommunen Bad Honnef, Königswinter, St. Augustin, Hennef, Eitorf und Windeck. Hauptaufgabe des Naturschutzgroßprojektes ist die Erstellung eines Pflege- und Entwicklungsplans bis Mitte 2013. Bei dieser Maßnahmenplanung soll im Einzelnen festgelegt werden, was genau in dem Fördergebiet in den darauf folgenden zehn Jahren umgesetzt werden soll.

Dies bedeutet die Weichenstellung für die nachhaltige, zukunftsorientierte Kulturlandschaftsentwicklung dieser Region in den kommenden Jahrzehnten. Da der bisherige Schwerpunkt vor allem auf dem Umweltschutz mit dem Ziel der Biotopvernetzung und Ausbreitung von standortgerechten Pflanzen und Tieren mit konkreten Maßnahmen insbesondere für Weinbergbrachen, Steinbrüche, Obstwiesen, extensiv genutztes Grünland, Heide und Feuchtwiesen in den Tälern sowie für die Förderung des Waldumbaus und der natürlichen Waldentwicklung liegt, ist es Aufgabe des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege dem Thema Archäologie Rechnung zu tragen.


Einbeziehung der Bodendenkmäler

Ziel ist - erstmalig in einem Naturschutzgroßprojekt in enger Kooperation zwischen Naturschutz und Kulturgüterschutz - die Kulturlandschaft und vor allem auch die Kulturgüter in den Gesamtprozess mit einzubringen, die natur- und denkmalverträgliche Inwertsetzung zu gewährleisten und vor Umwelteinflüssen zu schützen. Viele der heute überwiegend im Siebengebirge und Leuscheid oberirdisch gut erhaltenen Bodendenkmäler im Wald sollen in die Maßnahmenplanung einbezogen werden.

Diese Kulturgüter sind in zunehmenden Maße durch Windbruch bei Stürmen oder Starkregenereignisse, aber auch – da nicht hinreichend bekannt - durch Freizeitsportaktivitäten und den Einsatz moderner Holzerntegeräte gefährdet. Betroffen sind nicht nur so prominente Denkmäler wie die vorgeschichtliche Höhenbefestigung und der mittelalterliche Augustiner-Chorherrenstift St. Peter auf dem Petersberg, mittelalterliche und neuzeitliche Höhen- und Niederungsburgen (Löwenburg, Niederpleiser Motte) oder Kloster Heisterbach – um nur einige Beispiele zu nennen – sondern auch Mühlen und Hämmer, Landwehre, Hohlwege, aufgelassene Steinbrüche wie am Drachenfels, Bergwerke, Pingen, Köhlerplätze, Schlackenhalden und Schützengräben.


Archäologische Relikte entdeckten und erfassen

Neben diesen im Wald noch relativ gut erhaltenen Denkmälern sind weitere unzählige nur noch untertägig und daher nicht mehr sichtbare archäologische Fundplätze durch verschiedenste Einflüsse stark beeinträchtigt und gefährdet. Diese befinden sich überwiegend in den fruchtbaren seit den Metallzeiten ab ca. 1.000 v. Chr. intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen des Pleiser Hügellands und Windecker Ländchens.

Modellhaft werden an je zwei Beispielsobjekten in den unterschiedlichen Bewirtschaftungs- und Nutzungsgebieten - Wald, Acker und Grünland - mittels verschiedener Prospektionsmethoden die zunehmende Erosionsgefährdung der Kulturgüter sowohl durch den Klimawandel als auch durch die Bewirtschaftungsweise im Projektgebiet untersucht.

Mit Methoden wie der großflächigen Auswertung der LIDAR-Karten (Light Detection and Ranging) der Waldgebiete (Laserscans des Geländereliefs) sowie der detaillierten Auswertung der Erosions- und Luftbildkarten als auch der historischen und modernen Quellen wie Archivdaten, Literatur, Bild- und Kartenwerke wird im Vorfeld der Geländemaßnahmen die Kulturlandschaft analysiert. Die vertiefenden Detailuntersuchungen im Gelände werden mit den Land- und Forstwirten auf freiwilliger Basis abgestimmt. Mit ergänzenden Evaluierungen und Vermessungen von Kulturlandschaftsrelikten im Wald und Grünland als auch Feldbegehungen mit Einzelfundeinmessung, geoarchäologischer und geophysikalischer Untersuchungen und kleinen Sondierungsgrabungen werden konkret Erosionsgefährdung und Erhalt der Denkmalsubstanz in den unterschiedlichen Landschaftsräumen mit ihren ver-schiedenartigen Nutzungs- und Bewirtschaftungsformen ermittelt. Diese Arbeiten werden durch viele Ehrenamtliche, Sammler und Fachstudenten der Universität Bonn unterstützt.


Integration der Denkmäler in den Pflege- und Entwicklungsplan

Die Ergebnisse der Fachdaten werden in einem Geographischen Informationssystem verarbeitet und interessante Kulturgüter über Kultur.Landschaft.Digital - KuLaDig - der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Konkrete Umsetzungsempfehlungen für die Integration der Kulturgüter in den Pflege- und Entwicklungsplan des Naturschutzgroßprojektes werden fortlaufend im Sinne der Umweltkommunikation und zum Abbau von Kooperationshemmnissen zwischen den Akteuren ausgetauscht.

Auf der Grundlage von Kriterien, die Nutz- und Schutzansprüchen entsprechen, werden Leitlinien für den Erhalt der Kulturgüter erarbeitet, die die Interessen insbesondere der im Projektgebiet tätigen Land- und Forstwirte sowie des Natur- und Kulturgüterschutzes in Einklang bringen und den Weg zu einer integrierten Kulturlandschaftspflege optimieren.


So ist dieses Projekt Chance und Herausforderung zugleich und die Gewinner sind vielfältig: Vom Land- oder Forstwirt, der über den Zustand seiner Flächen genauestens informiert wird, über die Bürgerinnen und Bürger, die neue Attraktionen in ihrer Umgebung kennen lernen werden, den Naturschützer, der eine riesige Fläche unter Umweltschutzaspekten nachhaltig sichern kann bis hin zum Archäologen, der die in dem stark von Umwelteinflüssen gefährdeten Gebiet, einzigartigen Bodendenkmäler bewahren kann, profitieren alle von diesem Projekt.


Ansprechpartnerin

Christine Wohlfarth M.A.
Tel: 0228 / 98 34 -130
E-Mail: christine.wohlfarth@lvr.de

LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Endenicher Straße 133
53115 Bonn
Fax: 0228 9834 -119