LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum

Römische Fundstücke auf der "falschen" Rheinseite fordern die Wissenschaft heraus – Internationales Projekt untersucht Beziehungen zwischen dem römischen Reich und dem Barbaricum

Der Rhein bildete über 400 Jahre lang die Grenze zwischen der römischen Provinz Niedergermanien (Germania inferior) und dem außerhalb liegenden germanischen Gebiet (Barbaricum). Obwohl zwischen den beiden Kulturen "Welten" lagen und der Fluss ein erhebliches Hindernis darstellte, war die Grenze durchlässiger als vielfach vermutet. Links und rechts des Rheins wurden nämlich sehr häufig Objekte gefunden, die aus dem jeweils anderen Kulturkreis stammen.

Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland beteiligt sich daher intensiv an dem Projekt "Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum (CRFB)", in dem alle aus dem Römischen Reich in das europäische Barbaricum gelangten Funde möglichst vollständig erfasst werden sollen. Unterstützt wird es dabei vom Römisch-Germanischen Museum der Stadt Köln und dem Institut für Archäologie und Kulturanthropologie der Universität Bonn.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus acht Ländern wollen im Rahmen des Projektes CRFB ihre Erkenntnisse zusammentragen, um die Beziehungen zwischen Römern und Germanen eingehender zu beleuchten. Die Federführung des Projekts liegt bei der Römisch-Germanischen Kommission in Frankfurt, einer Einrichtung des Deutschen Archäologischen Instituts.


Sonderstellung des Rheinlandes

Als Grenzregion zwischen Germanien und dem römischen Reich kommt dem Rheinland innerhalb des Projektes eine besondere Bedeutung in der wissenschaftlichen Auswertung zu. Es bildet gleichsam die Brücke zwischen den weiter entfernt liegenden Gebieten; es nahm eine Mittlerfunktion zwischen diesen beiden "Welten" ein. In den grenznahen Regionen lässt sich direkt ablesen, welche importierten Waren im alltäglichen Leben der Einwohner "dazugehörten" und was nur ausnahmsweise genutzt wurde.


Für das Rheinland erfolgte die letzte umfassende Materialvorlage von germanischen und römischen Funden im Jahr 1938 in dem grundlegenden Werk Rafael von Uslars "Westgermanische Bodenfunde des ersten bis dritten Jahrhunderts nach Christus aus Mittel- und Westdeutschland“. Damals wurde allerdings nur ein Bruchteil der römischen Importkeramik beschrieben und abgebildet, da diese Fundgruppe gesondert vorgelegt werden sollte. Ein Teil des damaligen Fundmaterials ist allerdings durch Kriegseinwirkungen beschädigt worden, aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen oder verloren gegangen. Die Aufnahme der Importfunde im Rheinland geriet deshalb mehr und mehr zur "Museumsarchäologie". Vor allem die Fundstücke aus der bei einem Bombenangriff auf den Bayenturm in Köln im Jahr 1943 zerstörten Schausammlung des ehemaligen Museums für Vor- und Frühgeschichte mussten zum Teil erst mühsam restauriert und identifiziert werden.


Vermutlich ist nur ein Teil der in germanischen Besitz gelangten Gegenstände durch geregelten Handel in die Gebiete außerhalb des römischen Reiches gelangt; auch Beutezüge, diplomatische Kontakte oder als persönlicher Besitz mitgebrachte Objekte haben im Verlauf der über 400 Jahre dauernden mehr oder weniger engen Kontakte archäologische Spuren hinterlassen. Nach Abschluss des Projektes wird es möglich sein, die betreffenden archäologischen Hinterlassenschaften innerhalb eines großen zusammenhängenden geografischen Raums miteinander zu vergleichen. Dies wird sicherlich grundlegend zum Verständnis der wechselvollen gemeinsamen Geschichte der germanischen Völker und ihres mächtigen Nachbarn, dem römischen Reich, beitragen.


Bezogen auf das Rheinland lässt sich schon jetzt zeigen, dass das römische Militär in der germanischen Gesellschaft eine wichtige Rolle spielte. Römische Ausrüstungsgegenstände aus germanischen Siedlungen und Gräbern rechts des Rheins und germanische Trachtbestandteile von römischen Militärplätzen links des Rheins belegen, dass viele Germanen Angehörige der römischen Armee waren. An den Fundspektren zeigt sich zudem eine deutliche Teilung des Rheinlands in zwei unterschiedliche germanische "Kulturprovinzen". Die Trennungslinie verläuft in Ost-West-Richtung, etwa entlang der Flüsse Ruhr und Lippe. Ob diese Regionen unterschiedlicher kultureller Prägung, die sich vorrangig an archäologischen Objekten ablesen lässt, auch unterschiedliche Stammesgebiete wiederspiegeln, müssen zukünftige Forschungen klären.


Die Darstellung der rheinischen Funde im Barbaricum durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege wird als Band 8 der innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nach Bundesländern gegliederten Reihe erscheinen. Mit der Veröffentlichung wird dann das gesamte Fundmaterial nördlich der Mittelgebirge zwischen Rhein und Oder bis nach Dänemark vorliegen. Außerhalb Deutschlands sind bereits Materialvorlagen aus Polen, Litauen und Ungarn erschienen; weitere Bände sind in Vorbereitung.


Literatur

C. Bridger, Römische Funde rechts des Rheins - das Corpus-Projekt am nordwestlichen Rheinlimes. Archäologie im Rheinland 2009 (Stuttgart 2010), 107–109.

K. Frank, Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum - das Rheinland. Archäologie im Rheinland 2010 (Stuttgart 2011), 92–94.


Ansprechpartner

Klaus Frank M.A.
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Endenicher Straße 133
53115 Bonn

Tel.: 0228 9834-155
E-Mail: klaus.frank@lvr.de
Fax: 0228 9834 -119