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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Römisches Matronenheiligtum „Heidentempel“ – Verehrungsort der Matronae Vacallinehae

Die Vacallinehischen Matronen

Auf der Anhöhe „Addig“ nahe dem alten Weg von Pesch nach Nöthen waren Waldarbeiter immer wieder auf Bruchstücke von römischen Steindenkmälern gestoßen. Als der Bonner Archäologe Hans Lehner im Frühjahr 1913 am „Heidentempel“ mit Ausgrabungen begann, war diese Flurbezeichnung daher im Volksmund bereits geläufig. Die bis 1918 fortgesetzten Grabungen förderten zahlreiche Bruchstücke von Weihesteinen mit Inschriften zutage. Auf ihnen ist überliefert, welchen Göttinnen das Heiligtum geweiht war. Ausnahmslos handelt es sich um Vacallinehische Matronen, deren Verehrung auch im nahen Umland durch Funde belegt ist. Die Matronae Vacallinehae waren vermutlich Schutzgöttinnen einer Personengruppe, vielleicht einer Sippe mit Namen „Vacalli“. Ihre Angehörigen lebten vermutlich in einer nahe gelegenen Straßensiedlung (vicus) und auf umliegenden Gutshöfen (villae rusticae).

Matronenverehrung bei den Ubiern

Der Matronenkult geht bereits auf vorrömische Zeit zurück und wurzelt in Naturreligionen von Germanen und Kelten. Vermutlich verehrte man die Matronen zunächst in Bäumen oder Baumheiligtümern. Das Steinbildnis wurde erst in römischer Zeit üblich. Die Darstellungen auf den Steinen geben Einblicke in die Kulthandlungen. So zeigt beispielsweise eine Opferszene auf einem Matronenstein aus Bonn einen in seine Toga gehüllten opfernden Mann. Dieser streut gerade seine Opfergaben, vermutlich Weihrauch, auf den Altar. Hinter dem Altar stehen ein Opferdiener mit einem Kästchen, dem die Gaben entnommen wurden, und ein Musikant mit einer Doppelflöte. Der Opferdiener ganz links hält eine Kanne und eine Griffschale zur Reinigung der Hände. Mütterliche Gottheiten finden sich im gesamten römischen Reich. Die Verehrung der Matronen mit Beinamen, wie den hier verehrten Vacallinehischen, bleibt jedoch weitgehend auf das Gebiet zwischen Rhein und Maas beschränkt. Die hier siedelnden Ubier stellten in ihren Heiligtümern sehr einheitliche Bildsteine mit drei sitzenden Matronen in einheimischer Tracht auf. Vollständige Matronensteine sind im hiesigen Heiligtum nicht erhalten. Die heute aufgestellten Repliken stammen aus Nettersheim und Weyer. Weitere im Hof aufgestellte Weihesteine von diesem Fundplatz zeigen kein Matronenbildnis, sondern nur eine Inschrift.

Die Bauten des Heiligtums

Die erhaltenen Mauern gehen auf den Umbau im 4. Jahrhundert zurück. Ältere Kultbauten hatte man zuvor komplett abgerissen und das Gelände einplaniert. Für die Neubauten verwendeten die Bauleute neben Grauwacke auch zerschlagene Weihesteine und Architekturteile aus rötlichem Sandstein, die einst die ältere Anlage geschmückt hatten. Die größeren und stattlicheren Neubauten errichtete man auf der Westseite eines großen Festplatzes in gleicher Flucht und mit gleichem Abstand voneinander. Drei von ihnen sind heute noch kenntlich.
Der Tempel im Norden besteht aus einem annähernd quadratischen Innenraum, der Cella, in der wahrscheinlich das Kultbild der Matronen verehrt wurde. Auf der äußeren, niedrigen Umfassungsmauer standen einst Säulen, die das Dach eines Umgangs stützten.
Südlich dieses „Umgangstempels“ liegt auf der höchsten Stelle des Geländes ein fast rechteckiger, offener Hof. Hier stellten die Stifter ihre Weihesteine auf. Kleinere Weihegeschenke deponierte man in den Eckräumen zu beiden Seiten des Zugangs.
Die anschließenden, sehr massiven Mauern gehörten zu einer großen Versammlungshalle, die im Inneren durch Säulenreihen dreischiffig gegliedert war. Zwischen den Säulenreihen konnten die Besucher auf Sitzbänken Platz nehmen.
Gegenüber den Kultbauten begrenzte eine 120 m lange Wandelhalle den Festplatz. Sie bot den Besuchern Schutz bei schlechter Witterung. Ihren Verlauf zeichnet heute eine Buchenhecke nach. Der davon eingeschlossene Brunnen bestand bereits seit dem 1. Jahrhundert.
Durch Brand und Zerstörung fand das Heiligtum spätestens im 5. Jahrhundert gewaltsam ein Ende.

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