Erstaunliche Funde wurden im Braunkohletagebau Inden – zwischen Eschweiler und Jülich – gemacht: Millionen Jahre alte Früchte und Samen einer sog. Mastixiodeen-Flora.
Die Fundgeschichte begann an einem nasskalten Wintertag mit einer paläobotanischen Exkursion in den Tagebau Inden. „Auf gut Glück“ fuhren die Paläobotaniker Ulrich Lieven und Bénédicte van Lidth de Jeude auf die 5. Sohle des Tagebaus. Nach wenigen Augenblicken fanden sie die ersten Früchte und Samen, innerhalb einer Stunde hatten sie einen 5-Liter-Eimer damit gefüllt. Zur Dokumentation der Fundstelle wollten sie nur noch „kurz“ das geologische Profil der Abbauböschung aufnehmen. Aber auf dem untersten Absatz der Böschung, im sandigen Zwischenraum der Flöze Friesheim und Kirchberg, machten sie eine Entdeckung, die ihnen den Atem verschlug: Eine ca. 1 m breite Rinnenfüllung schien auf den ersten Blick fast nur aus Früchten, Samen und Zapfen zu bestehen.
Besonders häufig traten Zapfen des Küstenmammutbaums (Sequoia abietina) auf, ebenso Fruchtkörper des Mastixbaumes (Mastixia sp.) oder auch Magnoliensamen (Magnolia sp.). Ein Teil der Früchte und Samen zeigt Fraßzeichen, wohl Nagespuren von Kleinsäugern oder Bohrspuren von Insekten.
Das mit Abstand seltenste Exponat ist das Polyspora kilpperi, die Frucht eines Teebaumgewächses. Die hier vollständig gefundene Fruchtkapsel ist der erst zweite Nachweis des Gewächses im europäischen Tertiär.
Im näheren Umfeld wurden weitere Ansammlungen von Früchten, Samen und Zapfen gefunden – schätzungsweise 17 000–20 000 Exemplare. Sie werden dem Obermiozän (8,5 Mio. Jahre) zugeordnet.
Mastixiodeen-Floren sind in Deutschland und Europa noch von weiteren Stellen bekannt, allerdings meist aus dem Unter- bis Mittelmiozän. Die in Inden gefundenen Fossilien belegen somit ein subtropisches Klima im Jungtertiär in der niederrheinischen Bucht.
Heute kommen Mastixiodeen mit nur noch einer Gattung, der Mastixia, in Indien und Malaysia vor.
Einen Nutzen gänzlich anderer Art fanden Mastixiodeen-Floren in früheren Zeiten bei den Bergleuten z. B. im Tagebau „Victor“ bei Zülpich. Systematisch suchten diese damals Lagen mit Früchten und Samen auf, um die Fossilien zu verheizen. Diese waren weniger staubig als die übliche Rohbraunkohle und besaßen einen über doppelt so hohen Heizwert.
Eine Auswahl der Früchte und Samen ist im Monat Juni 2017 als Fund des Monats im Foyer des LVR-LandesMuseums Bonn zu sehen.