LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Eine „Flachkanne“ aus Steinzeug

Fund des Monats Januar 2018

Im Juli 2016 fand der Schüler Luca Schröder aus Zülpich-Lüssem beim Spielen an der Böschung eines Baches ein auffälliges Tongefäß. Er meldete den Fund der Außenstelle Nideggen des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland ein gutes Jahr später, nachdem er im Rahmen der „Zülpicher Stadtranderholung“ die Außenstelle besucht hatte. Dort erfuhr er etwas über die Arbeit von Archäologinnen und Archäologen in seiner Heimat und die Zuständigkeiten und wollte mehr über seinen besonderen Fund wissen.

Bei dem Zufallsfund handelt es sich um eine sogenannte „Flachkanne“, benannt nach dem flachen, in etwa linsenförmigen Gefäßkörper. Der zum Boden hin mit Perlreihen und Herzreihung verzierte Fuß und der enge, gerippte Hals sind angesetzt. Das obere Halsstück und der Rand fehlen leider und auch der Henkel ist nur im Ansatz erhalten.

Das Gefäß trägt auf beiden Seiten große Rundmedaillons mit figürlichen Darstellungen: Eines zeigt einen Ritter mit gezogenem Schwert und Schild, reichem Helmschmuck und dem Wappen des Hauses Württemberg mit der Umschrift ULRICI COMITIS WIRTENBERG. Das andere ziert eine Frauendarstellung mit Adlerwappen und Obstschale. Blütenranken umgeben die Rundmedaillons.

Ähnliche Flachkannen aus salzglasiertem Steinzeug wurden um 1600 im Stil der späten Renaissance im Westerwald und in Raeren (Belgien) hergestellt, jedoch auch im Zuge des Historismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begegnet diese Form wieder.

So handelt es sich bei dem Fund aus Zülpich-Lüssem um eine Flachkanne, die 1880 von der Firma Reinhold Hanke in Höhr-Grenzhausen im Westerwald hergestellt wurde. Der Todestag des auf der Kanne dargestellten Grafen Ulrich von Württemberg, der in der Schlacht bei Döffingen gefallen war, jährte sich im Jahr 1888 zum 500. Mal. Ulrich führte die Vorhut der Armee des Landesfürsten an, die hier in den Kampf gegen die Freien Reichsstädte zog. Die Vorhut wurde aufgerieben und Ulrich fiel. Nach dem Eintreffen der von seinem Vater geführten Hauptarmee konnte Württemberg die Schlacht doch noch gewinnen. Die Ehrung des Grafen Ulrich in seinem 500. Todesjahr wird Grund für die Darstellung auf der Flachkanne der Firma Reinhold Hanke gewesen sein.

Diese Firma war im Westerwald die erste, die Steinzeug im Stil des Historismus herstellte. Reinhold Hanke war „Königlicher Hoflieferant“ und belieferte nachweislich den Adel in aller Welt. Die Firma war im Auftrag der Nassauischen Regierung 1873 als einziger Westerwälder Steinzeughersteller bei der Weltausstellung in Wien vertreten.

(Fotos: J. Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn)

Die Flachkanne ist im Januar 2018 als Fund des Monats im Foyer des LVR-LandesMuseum Bonn ausgestellt.

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