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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Juni 2021

Spezieller Schutz fürs Jenseits

Bei der Ausgrabung eines römischen Landgutes (villa rustica) im Rheinischen Braunkohlenrevier nahe Erkelenz-Lützerath wurde das Grab eines 5­–7-jährigen Kindes entdeckt.

Das einzeln gelegene Körpergrab aus der 1. Hälfte des 4. Jahrhunderts war unmittelbar am Umfassungsgraben außerhalb des Landgutes angelegt worden. Es handelte sich um ein geräumiges Kammergrab mit eingestelltem Sarg, das an beiden Schmalseiten jeweils eine Beigabennische aufwies. Darin waren insgesamt elf Keramikgefäße – Teller, Krüge, Schüsseln, Bechern und ein Napf – sowie ein Geflügelmesser niedergelegt worden. Zwei gläserne Trinkbecher befanden sich innerhalb des Sarges, rechts und links des Kopfes. Mit diesen Beigaben sorgten die Angehörigen für das leibliche Wohl des Kindes im Jenseits.

Zu dessen besonderem Schutz im Totenreich hatten sie dem Kind ein Amulett angelegt, das es um den Hals trug. Das kleine unscheinbare Röhrchen besteht aus einem zusammengerollten dünnen Zinnblech von etwa 3 x 3 cm Größe. Eine Entrollung des in zwei Teile zerbrochenen Objektes war aus konservatorischen Gründen nicht möglich. Nach besser erhaltenen Vergleichsfunden, wie sie vereinzelt aus spätantiken Frauen- und insbesondere Kindergräbern bekannt sind, darf man aber annehmen, dass magische Zeichen, Zauberformeln oder ein Kurztext darauf eingeritzt sind. Als sehr persönlicher, am Körper getragener Gegenstand sollte das Amulett dem jungen, noch schutzbedürftigen Kind helfen, sich bei der Seelenfahrt und im Totenreich zurechtzufinden.