LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Mai 2021

Besonderes vom Bauernhof

Die Auskiesung in Weeze-Vorselaer, Kreis Kleve, wird seit über 20 Jahren archäologisch durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland begleitet. Dort wurden bereits mehrere Bauernhöfe sowie ein Gräberfeld der römischen Epoche ausgegraben. Die Untersuchungen lieferten neue Erkenntnisse zur Besiedlung des ländlichen Raums zwischen dem Unteren Niederrhein und der Maas, über die bislang nur wenig bekannt war.

Die Menschen siedelten hier auf sog. Donken, flachen Erhöhungen in sumpfigem Gelände, die sich für Ackerbau eigneten. Sie wohnten nicht in Häusern römischer Bauart, wie man im Hinterland der Colonia Ulpia Traiana (Xanten) vielleicht erwarten würde, sondern in sogenannten Wohnstallhäusern in einheimischer, eisenzeitlicher Tradition – mit dem Vieh unter einem Dach. Ganz dem Römischen war man jedoch nicht abgeneigt, wie Koch- und Essgeschirr zeigen, sowie hier ansonsten seltene Metallfunde wie unser Fund des Monats Mai.

Der bronzene Kerzenhalter stammt aus einer Grube der zuletzt freigelegten römischen Siedlung des 2. und 3. Jahrhunderts. Das ehemals etwa 10 cm hohe Exemplar ist durch die Lagerung im Erdreich zerdrückt. Ursprünglich bestand es aus zwei gleichgroßen halbkugeligen Schalen, die durch einen Schaft miteinander verbunden sind. In der Mitte des Schaftes befindet sich als Zierelement eine Scheibe. Die Schalen zieren umlaufende feine Linien.

Allgemein kommt diese Form von Kerzenhalter bereits im 1. Jahrhundert auf. Da es sich aber um Luxusgegenstände handelte, wurden die Kerzenhalter oft über Generationen weitergegeben, sodass nur der Fundzusammenhang genauere Datierungen erlaubt. Die Grube in Weeze-Vorselaer enthielt auch eine Scherbe aus Terra Sigillata – einem fabrikmäßig hergestellten, feinen Tafelgeschirr – mit einem Stempel des Töpfers Melissus. Dessen Werkstatt arbeitete in Trier in der Zeit von ca. 180–260 n. Chr. Die Grube ist daher wohl im späten 2. oder 3. Jahrhundert verfüllt worden.

Kerzenhalter dieses Typs sind im gesamten Römischen Reich vertreten. Werden sie als Beigaben in Bestattungen gefunden, handelt es sich um reich ausgestattete Gräber sozial gehobener Schichten. Ein solcher Gegenstand ist eigentlich Bestandteil gehobener Wohnausstattung und im städtischen Milieu anzutreffen. Er überrascht daher in einer einheimisch-ländlichen Siedlung.