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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Oktober 2022

Über Millionen Jahre entstanden

Kegelquarzite sind eine Rarität aus dem Tagebau Garzweiler im Rheinischen Braunkohlenrevier. Sie bestehen aus kegelförmigen Sandsteinen von bis zu 15 cm Höhe, die über rundlichen Feuersteinen aufgewachsen sind. Diese Feuersteine kommen eindeutig aus dem Sediment der Ur-Nordsee, wo sie durch die Wellen im Strandbereich gleichförmig abgerundet wurden. Ursprünglich stammen sie aber aus der Oberkreidetafel von Aachen-Südlimburg, bzw. aus den angrenzenden, heute nicht mehr mit Kreidesedimenten bedeckten Randgebieten des Hohen Venns und der Ardennen. Sie bildeten sich vor ca. 65 Millionen Jahren in der oberen Kreidezeit und wurden vor ca. 14 Millionen Jahren im südlichen Bereich des heutigen Tagebaus Garzweiler abgelagert.

Kegelquarzite sind typische Grundwasser-Quarzite und in dieser Form und Ausprägung weltweit einmalig. Sie entstanden in einem ursprünglich tonhaltigen Feinsand, dessen Poren im tertiärzeitlichen Meer mit Salzwasser gefüllt waren. Unmittelbar darüber entstand ein Süßwasserhorizont, denn nur wenige Meter über dem Meeresspiegel wuchsen über mehrere Millionen Jahre hinweg ausgedehnte Küstensumpfmoore. Diese lieferten riesige Pflanzenmengen als Grundlage für die Braunkohlenentstehung. Beim Prozess der Inkohlung von Torf zu Braunkohle bilden sich organische Säuren. Da diese niedrige pH-Werte haben, bauten sich zuerst die Tonminerale im Sand vollständig ab und später wurde aus den vorhandenen Silikatmineralen auch Siliziumdioxid (SiO2) freigesetzt. In dieser SiO2-gesättigten Lösung dienten die Feuersteine als Kristallisationskeime. Durch das Salzwasser im Untergrund und das Süßwasser oberhalb der Feuersteinlagen entwickelte sich ein erhebliches elektrochemisches Gefälle zwischen den unterschiedlichen Porenwässern, was wiederum Einfluss auf die SiO2-Konzentration nahm. Solche elektrochemischen Potentiale beeinflussten die Fließrichtung bestimmter Molekülgruppen und ermöglichten den Ersatz verschiedener Moleküle durch andere. Im vorliegenden Fall wurden die ehemals vorhandenen Tonminerale durch neu kristallisierte, feinste Quarzkristalle ersetzt.

So wuchsen einzelne Kegel ineinander und verbanden sich nach und nach zu einer stabilen Quarzitbank. Bei veränderten Bildungsbedingungen und verringerter SiO2-Konzentration, kam das Wachstum der Kegel erst zum Stillstand und später ganz zum Erliegen – die Verkieselung wurde unterbrochen. Die so entstandenen charakteristischen spitzen Kegelquarzite sind daher als Wachstumsstadium bei der Ausbildung einer kompakten Quarzittafel anzusehen.

Ulrich Lieven