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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats April 2023

Gut gebettet fürs Jenseits

Bei einer archäologischen Ausgrabung des Römisch-Germanischen Museums der Stadt Köln wurde ein weiterer kleiner Ausschnitt der Südnekropole des römischen Köln an der Fernstraße nach Süden, der heutigen Severinstraße, untersucht.

Besondere Funde erbrachte ein Brandgrab, das um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. angelegt worden war: Die oder der Verstorbene war auf einer Kline (Speisesofa) verbrannt worden, die Verzierungen aus aufwändigen Knochenschnitzereien besaß. Weit über 600 größere Fragmente fanden sich bei erster Durchsicht im Grab. Sie lagen sowohl im Brandschutt, der in die Grabgrube geschüttet worden war, als auch in der mit einem Deckel verschlossenen tönernen Urne, die den Leichenbrand enthielt. Als Gefäßbeigabe war ein Einhenkelkrug auf dem Deckel der Urne abgestellt worden.

Die im Feuer zersprungenen und durch die Hitze deformierten Knochenteile lassen sich den verschiedenen Bestandteilen der Kline zuordnen. Fragmente von Steckhülsen sowie glocken-, kugel- und scheibenförmige Bauteile stammen von den Verkleidungen der Beine, die in der Regel aus Eisenstangen gefertigt waren. Mit Ranken versehene Leisten zierten den darauf aufgesetzten hölzernen Rahmen für die Polsterauflage. Weitere reliefverzierte Fragmente, darunter Pferdedarstellungen, waren wahrscheinlich an den Ecken des Rahmens und auf den Außenseiten der hölzernen Kopf- und Fußstützen (fulcra) an den Schmalseiten der Liege angebracht. Im Brandschutt und in der Urne vorhandene Nägel unterschiedlicher Größe gehörten wohl überwiegend zu den hölzernen Bauteilen der Kline.

Mit dem detailliert ausgearbeiteten, aufwändig mit floralen und figürlichen Verzierungen versehenen Schnitzwerk war die Kline ein Gegenstand des gehobenen Bedarfs und gehörte vermutlich zum persönlichen Besitz der verstorbenen Person.

Nördlich der Alpen wurden Klinen bei der Totenverbrennung seltener als in Südgallien und dem italischen Gebiet verwendet, wo diese seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. in Brandgräbern vorkommen. In der Provinz Niedergermanien wurde diese Bestattungssitte wohl nicht über die Mitte des 1. Jahrhunderts hinaus praktiziert.

Eine vergleichbar umfangreiche Erhaltung der Knochenschnitzereien einer Kline wie bei der Bestattung von der Severinstraße ist im Nordwesten des Römischen Reiches bisher nur aus dem Brandgräberfeld des römischen Militärstützpunktes in Haltern am See bekannt.

Gregor Wagner