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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats April 2024

Einblicke in den Alltag

Keramik aus eines ländlichen Niederadelssitz

Im Vorfeld der Braunkohlengewinnung wurde im Dorfkern von Erkelenz Immerath, Tagebau Garzweiler, eine spätmittelalterliche Kleinburg ausgegraben. „Haus Immerath“ bestand aus einer Turmburg, die ein Wassergraben von der Vorburg trennte.

Im Wassergraben fand sich eine beachtliche Anzahl von Funden, darunter mehr als 5700 Bruchstücke zumeist stark zerscherbter Keramikgefäße. Diese geben einen Einblick in das typische Geschirrinventar eines Niederadelssitzes im Jülicher Land des 14. und 15. Jahrhunderts. Es ist einerseits schlichte Wirtschafts- und Haushaltskeramik wie sie in jener Zeit weit verbreitet war, so z. B. sog. Elmpter Irdenware sowie Schank- und Trinkkrüge, Becher und Trinkschalen aus Steinzeug Langerweher Art und aus Siegburger/Brühler Produktion.

Andererseits jedoch deuten einige hochwertigere Stücke den gehobenen Hausstand der Bewohner an, so z. B. Siegburger Trichterhalskrüge mit Zierauflagen, darunter einer mit dem Wappen der Familie von Merode-Vlatten, die in Immerath Grundbesitz besaß. Des Weiteren zählen frühe glasierte Irdenwaren sowie insbesondere auch kleine, außen glasierte Spielzeuggefäße zur Ausstattung des niederen Landadels. Zudem sind mindesten vier irdene Pilgerhörner der Aachenwallfahrt belegt, die in ländlichem Umfeld auffallend häufig in Fundinventaren von Burgen vorkommen.

Der im späten 13. Jahrhundert entweder neu errichtete oder zumindest grundlegend umgestaltete Niederadelssitz „Haus Immerath“ muss schließlich kurz vor 1500 aufgegeben worden sein. Dies legen literarische und archäologische Quellen nahe. Zuletzt war der Stammsitz der Herren von Immerath in Besitz derer von Lievendal. Letztere traten wahrscheinlich die Erbfolge an, nachdem das Rittergeschlecht derer von Immerath um 1400 ausgestorben war.

Alfred Schuler