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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Dezember 2022

Bartmannkrüge – ein rheinischer Exportschlager

Keramikgefäße in Form oder Anmutung menschlicher Körper zu gestalten, ist seit der Jungsteinzeit weltweit aus zahlreichen Kulturen bekannt. Auf diese Weise waren die Gefäße nicht mehr nur Gebrauchsgegenstände, sondern sie weckten Assoziationen und ihnen wohnte eine ideelle Bedeutung inne.

In diese Reihe von Gefäßen sind auch die sogenannten Bartmannkrüge zu stellen, die im Rheinland in großen Stückzahlen produziert wurden. Benannt sind die bauchigen Krüge aus Steinzeug nach dem bärtigen Männergesicht, dass den Hals des Gefäßes ziert und sehr unterschiedlich ausgestaltet sein konnte.

Als Vorläufer der Bartmannkrüge gelten die vor allem in Raeren bzw. Aachen hergestellten Gesichtskrüge. Bei diesen wurden die Verzierungen noch nicht mit Modeln, also Negativformen des Motivs, hergestellt und aufgebracht, sondern die Elemente wurden einzeln eingeprägt oder„angarniert“. Die ersten echten Bartmannkrüge entstanden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zunächst wohl in Köln und dann in Frechen. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die neue Technik auch in anderen rheinischen Töpferorten wie Siegburg und Raeren übernommen. Kleinere Produktionen sind aus Bonn-Lengsdorf und Düsseldorf bekannt. Nach einer ersten Blütezeit wurde das variantenreiche Motiv auch in den folgenden Jahrhunderten weiter tradiert. Um 1600 entstanden (meist im damals moderneren grau-blauen Stil) fantasievolle Abwandlungen der Gesichtsmaske, sogenannte Maskarone, mit grotesken oder animalischen Zügen.

Im 17. Jahrhundert wurden insbesondere die Frechener Bartmannkrüge zu einer Massenware mit beeindruckenden Produktionszahlen von geschätzt mehreren hunderttausend Stück pro Jahr. Die Maske war inzwischen zu einer abstrakten Fratze degeneriert, was dem Erfolg jedoch keinen Abbruch tat: Große Mengen wurden exportiert, insbesondere in die Niederlande und nach England. Durch dort bestehende Handelsnetze zu den Kolonien in Übersee gelangten die rheinischen Bartmänner schließlich auch nach Amerika, Afrika und Asien. Es ist nicht verwunderlich, dass ein so beliebtes Produkt zu Nachahmungen anregte, die nicht nur aus anderen Töpfereien in Deutschland bekannt sind, sondern beispielsweise auch aus England, Georgien oder Japan.

Christian Röser