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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Dezember 2025

Hohe Glaskunst

Ein Glaskrug mit Glasfadenauflage aus einem römischen Brandgrab

Bei Ausgrabungen im Vorfeld des Braunkohlentagebaus wurden in Kerpen-Manheim-Alt (Rhein-Erft-Kreis) Überreste eines römischen Gutshofes (villa rustica) und Burgus entdeckt. Außerhalb des Hofgeländes lag – wie in der römischen Epoche üblich – der zur Villa gehörige Bestattungsplatz. In einem der Brandgräber hatten sich – trotz starker Störungen durch landwirtschaftliche Drainagen – alle Beigaben erhalten. Sie wurden sowohl einzeln geborgen, wie der als Fund des Monats gezeigte Glaskrug, als auch in drei Blöcken. In einem davon legten die Restaurator*innen des LVR-Landesmuseums Bonn weitere Glasgefäße frei, von denen ein Teller und ein kleines Gefäß mit ausgestellt sind.

Der hellblaue, dünnwandige Glaskrug mit Glasfadenauflage von 20,5 cm Höhe ist ein hervorragendes Beispiel für die hohe Glaskunst in römischer Zeit. Bei dessen Herstellung waren handwerkliches Können und Schnelligkeit gefragt. Alle Produktionsschritte konnten nur dann durchgeführt werden, wenn die Glasmasse heiß und damit modellierbar war.

Das zähflüssige Material wurde mit Hilfe der Glasmacherpfeife zunächst leicht ballonartig aufgeblasen und mit einem kurzen, zylindrischen Hals versehen. Danach umwickelte der Glasmacher die Oberfläche mit einem dünnen Glasfaden. Hierfür musste das auf der Glasmacherpfeife haftende Gefäß in eine horizontale Position gebracht und mehrmals um die eigene Achse gedreht werden, währenddessen ein dünner Strahl heißen Glases darauf lief. Nachfolgend steckte der Glasbläser die untere Gefäßhälfte in eine einteilige Negativform mit geradem Boden sowie verzierter Wand und blies das Stück erneut geringfügig aus. Die sich nach unten verjüngende Negativform erlaubte die leichte Herausnahme des gestreckten Gefäßkörpers – nunmehr mit Dellen auf der Gefäßwand und mit flachem Boden. Abschließend erfolgte die freihändige Modellierung der Mündung und des zweirippigen Henkels.

Der Krug war sicherlich ein Eye-Catcher auf dem Esstisch. Er beinhaltete wie die meisten Krüge und Kannen Flüssigkeiten, wie Öle, Würzessenzen, vielleicht auch Wein.

Die Restaurierung und Bestimmung der Fundstücke ist zwar noch nicht abgeschlossen, doch schon jetzt deutet sich eine außergewöhnliche Grabausstattung an. Diese wird dann vollständig im Rahmen der Ausstellung „Archäologie im Rheinland 2025“ vom 2. Februar bis 22. März 2026 im LVR-Landesmuseum Bonn zu sehen sein.

Autorin: T. Kaszab-Olschewski

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