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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Februar 2024

Licht fürs Jenseits

In der römischen Zivilsiedlung (vicus) von Bonn kam in einem Grab des frühen 3. Jahrhunderts n. Chr. ein Kerzenleuchter aus Glas zum Vorschein.

In den Restaurierungswerkstätten des LVR-LandesMuseums Bonn wurde der mundgeblasene und 8,7 cm hohe Leuchter aus zahlreichen Fragmenten wieder zusammengesetzt. Seine Form war in den römischen Provinzen Gallia Belgica und Germania Superior & Inferior vom 2. bis 3. Jahrhundert sehr beliebt. Zwei glockenförmige Schalen sind mit einem massiven, mehr oder weniger profilierten Steg verbunden. Die obere Schale trägt den eigentlichen Kerzenhalter. Nur äußerst wenige gläserne Ausführungen sind bekannt. In der Regel sind die erhaltenen Leuchter aus Metall und mit Bändern aus feinen Rillen in Drehtechnik verziert, die bei dem gläsernen Exemplar durch aufgelegte gelbe Glasfäden ersetzt sind. Der verbindende Doppelknoten (nodus) zeigt zudem Reste einer roten Bemalung in Emailletechnik.

Die gleichschalige Form geht wahrscheinlich auf gedrechselte Leuchter aus Holz zurück. Die Form an sich kommt wohl bereits ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. auf. Die Halterung der Kerze in einer Tülle scheint aber erst bei späteren Exemplaren vorzukommen. Auch wenn Kerzenhalter aus verschiedenen Materialien (Bronze, Glas, Keramik und Holz) wahrscheinlich nicht nur in gehobenen römischen Häusern zu finden waren, werden sie bislang nur selten in Gräbern gefunden.

Der Kerzenleuchter war mit 15 Keramikgefäßen inklusive Speisebeigaben, einer Holzkiste mit Bronzescharnieren, einem Paar Schuhe mit genagelter Sohle sowie einer Münze des Caracalla aus Ancyra in Galatien (heutiges Ankara, Türkei) in einer Beigabennische niedergelegt worden. Das Grab befand sich im hinteren, unbebauten Bereich der Parzelle eines Streifenhauses. Die eigentliche Grabgrube war leer, ohne Reste eines Scheiterhaufens und auch ohne menschliche Überreste. Das Grab diente somit als Kenotaph zum Gedenken an eine Person, die anderswo verstorben und bestattet worden war.

Ines Jöns, Edith Krämer