LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Fund des Monats Mai 2023

Zum Speisen und zur Körperpflege

In Tönisvorst-Vorst, Kreis Viersen, wurde im Vorfeld des Kiesabbaus ein römerzeitliches Gräberfeld des 1. bis 3. Jahrhunderts vollständig untersucht. Es umfasste insgesamt 114 Brandbestattungen, von denen 94 sicher in die römische Zeit datiert werden können. Sechs ältere Bestattungen der vorrömischen Metallzeiten und 14 nicht datierbare Gräber fanden sich hier ebenfalls. Die römischen Brandgräber waren zum Großteil durch rechteckige Gräbchen eingefasst, die auf einstige Grabumhegungen hinweisen. Die gleichmäßig ausgerichteten Einfriedungen besaßen Eingänge in Form von Erdbrücken, die sich als Unterbrechung im Graben abzeichneten.

Besonders gut ausgestattet war das Brandgrab 242 aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts. In der Grabgrube fanden sich zahlreiche Gefäße, vor allem aus Keramik: ein Napf aus Terra Sigillata, sieben gleichartige Schälchen, ein kleines Schüsselchen, eine kleine Reibschale sowie ein kleiner und ein großer Krug. Während die Keramikgefäße der Zubereitung und in erster Linie dem Verzehr von Speisen und Getränken dienten, war das Glasgefäß ein Utensil zur Körperpflege. Der sogenannte Aryballos diente zur Aufbewahrung von Öl und wurde beim Baden mit sich geführt.

Der Leichenbrand war in einer Ecke der quadratischen Grabgrube niedergelegt worden. Die Untersuchung der menschlichen Überreste ergab überraschenderweise, dass es sich um ein Kind handelte, das im Alter von vier oder fünf Jahren verstarb. Die Angehörigen hatten es für das Jenseits umfänglich mit Beigaben ausgestattet, die eher bei Erwachsenen gebräuchlich waren.

Die Beigaben im gesamten Gräberfeld bestanden überwiegend aus Keramikgefäßen, Objekte aus Glas waren nur wenige enthalten. Ebenso selten waren Metallobjekte, es fanden sich bspw. nur zwei Münzen. Erwähnenswert sind zwei Äxte und eine Schere unter den Beigaben. Letztere diente wahrscheinlich der Schafschur oder Textilverarbeitung.

Nur dreieinhalb Kilometer nördlich liegt der 1984 entdeckte Bestattungsplatz „An Hinkes Weißhof“ in Tönisvorst-Vorst. Dieses ist durch seine ebenfalls ausschließlich viereckigen und gleich ausgerichteten Grabeinfriedungen die engste Parallele zu dem neuen Gräberfeld. Die beiden benachbarten, gleichzeitigen Bestattungsplätze werfen ein Schlaglicht auf die Siedlungsdichte auf der Kempener Lehmplatte westlich von Krefeld.

Marion Brüggler

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