Rasiermesser aus einem ältereisenzeitlichen Brandgrab (800–500 v. Chr.) Foto: Jürgen Vogel/LVR-Landesmuseum Bonn
Digitale Rekonstruktion des Gräberfeldes von Bergheim-Paffendorf, das von der späten Bronzezeit bis in die frühe Römische Kaiserzeit genutzt (1200 v. Chr. bis 14 n. Chr.) wurde. Neben den markanten, landschaftsprägenden runden Grabhügeln sowie langrechteckigen, sog. Langbetten, lagen zahlreiche weitere Brandgräber, deren obertägiges Aussehen sich nicht überliefert hat. Aus einem davon stammt der präsentierte Fund. Digitale Rekonstruktion: Mikko Kriek, Amsterdam, für das LVR-Landesmuseum Bonn
Metallbeigaben sind in den spätbronze- und eisenzeitlichen Brandbestattungen (1200 v. Chr.bis um Chr. Geburt) des Gräberfeldes von Bergheim-Paffendorf, Rhein-Erft-Kreis, eine Seltenheit. Die wenigen Funde aus Bronze oder Eisen sind zudem stark zerschmolzen oder nur in Fragmenten erhalten. Umso mehr überraschte ein komplettes Rasiermesser aus einem ältereisenzeitlichen Brandgrab (800–500 v. Chr.).
Das Utensil zur Körperpflege wurde bei der Freilegung der im Erdblock geborgenen Urne mit Deckschale entdeckt. Es war beim Bestattungsritual zuunterst auf den Boden der Urne gelegt worden, bevor man den Leichenbrand hineingab. Danach deckte man das Grabgefäß mit einer Schale ab, die wie üblich umgekehrt mit der Öffnung nach unten auf der Urne platziert wurde.
Das kleine einschneidige Rasiermesser von 7 cm Länge und 6 cm Höhe besteht aus einer Kupferlegierung. Es ist leicht trapezförmig mit gebogener Schneide und durchbrochen gearbeitetem oberen Blatt. Der gebogene Abschluss endet in zwei seitlichen Ringen. Das Rasiermesser gehört zum sogenannten Typ Feldkirch/Bernissart, der über das westliche Mitteleuropa und Westeuropa bis Südengland verbreitet ist. Die Messer dieses Typs können allesamt in die ältere Eisenzeit datiert werden und kommen üblicherweise als Beigabe in Männergräbern vor.
In unserem Fall wurde das Rasiermesser jedoch einer Frau beigegeben, worauf die anthropologische Untersuchung des Leichenbrandes durch Bärbel Heußner, Petershagen, verweist. Die physischen Merkmale der erhaltenen kalzinierten Knochenreste erbrachten noch mehr Kenntnisse über die hier beigesetzte Person: Sie war im Alter zwischen 40 und 60 Jahren verstorben und musste zu Lebzeiten hart körperlich arbeiten. Davon zeugen Sehnenverknöcherungen an Kniescheibe und Oberschenkelknochen.
Ob die Frau das Rasiermesser zu Lebzeiten nutzte oder ob es ihr ein männlicher Angehöriger mit ins Grab gab, bleibt offen. Ein gut vergleichbares Exemplar fand sich jedoch ebenfalls in einem Frauengrab im badischen Feldkirch-Hartheim, Ldkr. Breisgau-Hochschwarzwald. Da solche Messer nicht ausschließlich zur Bartrasur zu verwenden waren, kann es auch als Utensil der weiblichen Körperpflege gedient haben.
Es bleibt abzuwarten, ob in weiteren der bislang 423 identifizierten Gräber des von etwa 1200 v. Chr. bis 14 n Chr. genutzten Bestattungsplatzes von Bergheim-Paffendorf noch weitere Überraschungen ans Licht kommen.
Text: Eva Cott