Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland lud zum 7. Mal zu seiner Jahrestagung am 31. Januar und 1. Februar 2011 ins LVR-LandesMuseum Bonn - und wieder kamen 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet.
39 Vorträge bot die "Archäologie im Rheinland - Ausgrabungen, Forschungen und Funde 2010" - und damit nur einen Ausschnitt der über 400 Ausgrabungen und rund 50 Forschungsprojekte im Rheinland: Exzeptionellster Fundplatz des Jahres 2010 war zweifellos Düren-Arnoldsweiler, über den vielfach berichtet wurde. Er lieferte mit 7000 Jahren nicht nur das älteste Bauernhaus im Rheinland, sondern auch den zweiten erhaltenen jungsteinzeitlichen Holzbrunnen, das bislang größte Gräberfeld mit Skeletterhaltung und ein Erdwerk. Eine bronze-, eine eisenzeitliche und eine römische Siedlung unterstreichen die Bedeutung dieses Platzes.
Erstmalig im Rheinland kamen jungsteinzeitliche Gräber der Großgartacher Kultur zutage, die hier nur äußerst selten bezeugt ist. Die beiden rund 6900 Jahre alten Gräber aus Erftstadt-Lechenich enthielten unter anderem typisch verzierte Keramikgefäße und je einen Mahlstein.
Völlig neue Erkenntnisse zur metallzeitlichen Besiedlung lieferten die Ausgrabungen im Indetal: Nicht nur die ungewöhnliche Siedlungsdichte, sondern auch die beiden befestigten Herrenhöfe und ein bislang im Rheinland unbekannter bronzezeitlicher Haustyp sind einzigartig.
Ungeahnte und als Kriegsverlust geltende Funde und Informationen aus dem Gebiet jenseits der römischen Grenze brachten "Ausgrabungen" in Archiven und Magazinen für den "Corpus römerzeitlicher Funde im Barbarikum" ans Licht, unter anderem zum bedeutenden germanischen Gräberfeld von Leverkusen-Rheindorf. Die Vielzahl römischer Objekte im rechts-rheinischen Rheinland bezeugt, dass Germanen beispielsweise römisches Speise- und Trinkgeschirr durchaus zu schätzen wussten, es jedoch nicht immer nach römischer Sitte nutzten.
Im LVR-Archäologischen Park Xanten brachten neue Ausgrabungen spannende Einblicke in das römische Leben. Erstmals konnte eine größere Fläche am "Westend" der römischen Stadt untersucht werden. Zur Überraschung der Fachleute kamen hier im Randbereich der antiken Metropole die Überreste von repräsentativen Großbauten ans Tageslicht, wie sie ansonsten vom Zentrum der Colonia bekannt sind. Weitere Grabungen im Innenraum des Amphitheaters ermöglichten neue Aufschlüsse über den Ablauf der Vorführungen bei den Massenspektakeln in der Antike.
Bei archäologischen Untersuchungen der städtischen Bodendenkmalpflege im Römisch-Germanischen Museum am Kölner Waidmarkt kamen vorzüglich erhaltene Holzbaubefunde und Teile der Infrastruktur (Straßenbau) zutage. Diese belegen eine planmäßige Erschließung der Fläche durch römische Ingenieure bereits um Christi Geburt. Großes Aufsehen erregten die Deutzer Ausgrabungen: Dabei wurden Mauern des spätrömischen Kastells Divitia-Deutz (4./5. Jahrhundert), der Pfarrkirche Alt St. Urban (9.-18. Jahrhundert), eines mittelalterlichen Wehrturms (12./13. Jahrhundert), der preußischen Kaserne und des Bahnhofs der Bergisch-Märkischen Eisenbahn (19. Jahrhundert) freigelegt.
Unerwartet gut war die Erhaltung mittelalterlicher Befunde und Funde auf dem Areal der 799 gegründeten ehemaligen Benediktinerabtei in Essen-Werden. Neben steinernen Abwassersystemen beeindruckte ein aufgestauter, kurz nach 900 zugeschütteter Teich mit hervorragender Erhaltung organischer Reste, unter anderem von Holzgefäßen und Lederschuhen.
Immer wieder überraschende Einblicke in die ehemalige renaissancezeitliche Landesfestung und Residenzstadt Düsseldorf geben die Aufschlüsse durch das U-Bahn-Projekt "Wehrhahn-Linie". So kamen Teile der Flinger Bastion und Kontergarde, des Ravelin Goltstein und mehrerer Festungsgräben des 16. bis 18. Jahrhunderts zutage.
Ein Höhepunkt nordrhein-westfälischer Archäologie ist alle fünf Jahre die Landesausstellung, die 2010 unter dem Titel "Fundgeschichten. Archäologie in Nordrhein-Westfalen" im Römisch-Germanischen Museum in Köln stattfand. Das große Gemeinschaftsprojekt der archäologischen Einrichtungen des LVR, LWL und der Stadt Köln - unter Federführung des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr - zog fast 150.000 Besucher in ihren Bann.
Vom 16. April bis 20. November 2011 wird die Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie in Herne in veränderter Form zu sehen sein.
Der "Fund des Monats Februar" im Foyer und eine kleine Ausstellung im 1. Stock des LVR-LandesMuseums Bonn zeigen erstmalig hervorragende Neufunde aus dem römischen Bonn.
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