In Windeck an der Sieg lädt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) für Sonntag, 25. Mai 2014, von 10 bis 17 Uhr, zu einem Aktionstag an der Pulvermühle Elisenthal und an dem ehemaligen Standort eines Reservelazaretts aus dem Ersten Weltkrieg ein. Der Aktionstag mit Unterstützung durch die Gemeinde Windeck und die Bürgerkulturstiftung Windeck ist Teil des umfangreichen Verbundprojektes "1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg", mit dem der LVR noch bis Mitte 2015 an das einschneidende Ereignis vor 100 Jahren erinnert.
An der mittleren Sieg gab es vor und während des Ersten Weltkrieges eine intensive Schwarzpulverfabrikation. Die Bedingungen waren ideal: Die umliegenden Köhlereien lieferten den Rohstoff Holzkohle aus Faulbäumen und Buchen, Wasserkraft trieb die Maschinen an und der wegen der Explosionsgefahr notwendige Sicherheitsabstand zu den nächsten Dörfern konnte eingehalten werden.
Eine dieser Produktionsstätten ist die 1871 durch Everhard Schülgen gegründete Pulvermühle Elisenthal. Bis heute erhalten sind die Ruinen von zwölf Produktionsgebäuden sowie Schutzwälle, Gräben und Teiche. Die Rohstoffe sowie das fertige Schwarzpulver wurden in Holzfässern mit Pferdefuhrwerken auf einer Pferdebahn transportiert, deren Damm bis heute in Teilen begehbar ist. Für das Jahr 1914 wird in Urkunden für die Schwarzpulvermühle Elisenthal ein Ausstoß von 129 Tonnen angegeben. Schwere Explosionen in den Jahren 1913 und 1915, bei denen sogar einige Arbeiter zu Tode kamen, bewiesen die Gefährlichkeit der Arbeit in der Pulvermühle. Betontrümmer im Gelände zeugen noch heute davon.
In der Pulverfabrik Elisenthal wurde während des Krieges das Treibmittel für besonders gefährliche Artilleriegranaten hergestellt, die sogenannten Schrapnells. Deren Geschosse enthielten eine Vielzahl von kleinen Metallkugeln, die kurz vor dem Ziel freigesetzt wurden und eine verheerende Wirkung beim Gegner hatten. Eine einzige Granate konnte eine große Zahl von Menschen schwer verletzen. Die Pulvermühle Elisenthal stellt daher ein bedeutendes Zeugnis des Ersten Weltkrieges als neuartiger, industrialisierter Krieg dar. Das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland hat die Ruinen der Pulvermühle daher im Jahr 2002 in die Denkmalliste der Gemeinde Windeck eintragen lassen. Im Rahmen der Regionale 2010 und gefördert durch das Land NRW wurde die Pulvermühle vor zwei Jahren über einen Rundweg mit Treppen, Brücken und Stegen begehbar gemacht.
Die im Ersten Weltkrieg durch den Einsatz wirkungsvollerer Waffen hervorgerufene hohe Zahl von Toten und Verletzten zeigte auch in Windeck Folgen. Nur wenige Kilometer von der Pulvermühle entfernt, im Ortsteil Schladern, richtete man 1914 in der Versandhalle des Kupferwerkes Elmore’s ein Reservelazarett ein. Hier wurden verwundete Soldaten behandelt. Heute befindet sich in der Halle der Firma das Bürgerkulturzentrum kabelmetal.
Fachleute des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland führen durch das Gelände der ehemaligen Pulvermühle. Hier können sich die Besucherinnen und Besucher ein Bild von der beschwerlichen und lebensgefährlichen Schwarzpulverherstellung machen. Die kostenlosen, etwa 2 km langen Führungen finden zwischen 10 und 16 Uhr statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Treffpunkt: Infostand des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Elisenstraße 46, 51570 Windeck.
Um 10.30 Uhr und um 13.30 Uhr starten am Bahnhof Dattenfeld geführte Wanderungen zum Elisenthal und weiter zum Bahnhof Schladern. Besucht werden Bodendenkmäler und Denkmäler wie die Pulvermühle, das Museumsdorf Altwindeck, ein Kriegsgefangenenlager aus dem Zweiten Weltkrieg und das Reservelazarett Schladern. Die Teilnahme an den Wanderungen (7 km) ist kostenlos. Um eine Anmeldung wird gebeten per E-Mail an sabine.hermesdorff@lvr.de oder Tel. 0228 9834-172. Für die Führungen und Wanderungen wird festes Schuhwerk empfohlen.
Die Präsentation "Spuren der Geschichte – Archäologie und Erster Weltkrieg" des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland gibt in der Halle kabelmetal von 10 bis 17 Uhr einen Einblick in diese Zeit und die noch heute sichtbaren archäologischen Spuren im Rheinland. Außerdem erfahren Interessierte mehr zur Verwundetenfürsorge in Reservelazaretten und den "Vaterländischen Frauenvereinen". Adresse: Halle kabelmetal, Schönecker Weg 5, 51570 Windeck-Schladern.
Um 16.30 Uhr findet zum Abschluss des Aktionstages ein Gedenkkonzert in der Halle kabelmetal statt. Der Eintritt ist frei. Aufgeführt werden Werke, die zu Beginn oder während des Ersten Weltkrieges entstanden, u.a. von Leoš Janáček, Claude Debussy, Manuel de Falla und Engelbert Humperdinck. Ausführende: Irmelin Sloman - Gesang, David Johnson - Violine, Thomas Palm - Klavier, Moderation - Gabriele Faust. Das Abschlusskonzert ist eine Veranstaltung der Bürgerkulturstiftung Windeck und der Gemeinde Windeck.
Von den historischen Ereignissen des Ersten Weltkrieges zeugen auch noch zahlreiche weitere archäologische Relikte im Rheinland. Dazu gehören Produktionsstätten wie Pulvermühlen, Schießbaumwoll- und Dynamitfabriken sowie militärische Anlagen wie Truppenübungsplätze, Kasernen, Luftschiffhäfen und Eisenbahnlinien. Diese Kriegsrelikte, aber auch die des Zweiten Weltkrieges und des Kalten Krieges, werden vom LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland in Kooperation mit dem Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V. in einem Inventar erfasst.
Der Aktionstag in Windeck ist einer von insgesamt vieren, bei denen die LVR-Bodendenkmalpflege im Jahr 2014 Zeitzeugnisse des Ersten Weltkrieges vorstellt. Am 6. Juli wird in Grevenbroich ein Strategischer Bahndamm präsentiert und am 21. September geht es in Düren um einen Luftschiffhafen. Bereits am 30. März wurde eine Landesbefestigung in Emmerich vorgestellt.
Weitere Informationen zu den Aktionstagen und zum LVR-Verbundprojekt:
www.kriegsrelikte.lvr.de
www.rheinland1914.lvr.de
Hinweis für die Redaktionen: kabelmetal ist der Eigenname eines Unternehmens; die Schreibweise wurde für das Kulturzentrum beibehalten.
Birgit Ströter
LVR-Fachbereich Kommunikation
Telefon: 0221/809-7711
Björn Mende
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»1914 - Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg« ist ein Projekt des LVR-Dezernates Kultur und Umwelt mit verschiedenen Partnern. Schirmherrin des Projektes ist Ute Schäfer, Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen.