Kürzlich ist dieser Führer zur Via Belgica erschienen.
Ziele entlang der Agrippastraße beschreibt dieser Führer.
Pressemitteilung, 25. November 2014
Ein deutschlandweit einzigartiges kulturtouristisches Projekt, der Erlebnisraum Römerstraße, konnte jetzt mit großem Erfolg abgeschlossen werden. Erstmals nördlich der Alpen wurde in diesem Großprojekt der Verlauf von zwei antiken Fernstraßen mit modernen Mitteln sichtbar gemacht. Die 170 Kilometer lange Rad- und Wanderroute ist möglichst nahe an der Originaltrasse geführt und lädt ein zu einer spannenden Zeitreise durch die abwechslungsreiche Kulturlandschaft entlang der Römerstraßen.
Vielerorts trifft man im Rheinland auf den Straßennamen "Römerstraße". Nicht allen Anwohnern ist der Grund dieser Bezeichnung bekannt. Dabei gehört das antike Verkehrsnetz zu den wichtigsten Hinterlassenschaften der etwa 500 Jahre währenden römischen Geschichte unserer Region. Viele Abschnitte der Römerstraßen sind im Boden, unter Feldwegen, häufig auch unter modernen Straßen erhalten, wie etwa der Aachener und der Luxemburger Straße in Köln. Wegen ihres zumeist über viele Kilometer schnurgeraden Verlaufs sind sie auf Luftbildern sehr gut erkennbar.
Die Straßen waren solide gebaut: Eine bis zu sechs Meter breite bekieste Fahrbahn wurde seitlich von unbefestigten Sommerwegen und Straßengräben flankiert. Von Graben zu Graben betrug die Gesamtbreite 26 Meter - dies entspricht heute der Breite einer vierspurigen Autobahn. Zahlreiche Abschnitte der Straßen sind als ortsfeste Bodendenkmäler gesetzlich geschützt.
Das weit verzweigte und ebenso gut ausgebaute wie unterhaltene Straßennetz war eine der wichtigsten Grundlagen für den Zusammenhalt des riesigen römischen Imperiums. Die beiden von Köln ausgehenden römischen Staatsstraßen nach Boulogne-sur-Mer an der französischen Kanalküste ("Via Belgica") sowie nach Trier/Lyon ("Agrippastraße") hatten in der Antike eine herausragende Bedeutung, denn sie verbanden die Provinz Niedergermanien und ihre Hauptstadt Köln (Colonia Claudia Ara Agrippinensium) mit anderen Provinzen und letztlich auch mit Rom. Ihre heutigen Namen sind moderne Schöpfungen; die römischen Bezeichnungen sind nicht bekannt.
Die viae publicae ermöglichten schnelle Truppenbewegungen und militärischen Nachschub ebenso wie den staatlichen Botendienst mit Reiterkurieren und die Reisen von Verwaltungsbeamten. Auch der Handel nutzte die Staatsstraßen sehr rege: Auf Wein aus Italien, Oliven aus Spanien und die allseits beliebte Fischsoße garum mussten die Römer auch am Rhein nicht verzichten. An den Straßen befanden sich Pferdewechselstationen, Wachposten und Zollstellen, Rasthäuser mit vielerlei Annehmlichkeiten, Siedlungen und Heiligtümer sowie Grabstätten. Oftmals lagen nur wenige Hundert Meter Abstand zwischen den einzelnen Siedlungsstellen - dieses erstaunliche Ergebnis erbrachten die im Rahmen des Projektes durchgeführten systematischen archäologischen Untersuchungen eines 100 Meter breiten Korridors beiderseits der Straßen.
Als Glücksfall für die Archäologie und die Tourismusförderung erwiesen sich die Euregionale 2008 und die Regionale 2010, beide regionale Strukturprogramme des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie griffen die Idee des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland auf, die beiden weitgehend in Vergessenheit geratenen Staatsstraßen zu nutzen, um den Kultur- und Naturraum für die Bevölkerung und für Touristen zu erschließen. Dabei wurde die gesamte Kulturlandschaft mit ihren Boden- und Baudenkmälern, die von Menschen gestaltete Landschaft und der Naturraum in einem Korridor entlang der Route einbezogen. Er ist daher keine "Themenroute". Hierdurch unterscheidet sich "Erlebnisraum Römerstraße" von vergleichbaren Projekten in Deutschland. Prof. Dr. Heinz Günter Horn, wissenschaftlicher Berater der Regionale 2010: "Von Anfang an ging es nicht nur darum, zwei ehemals bedeutende römische Staatsstraßen punktuell darzustellen. Sie sollten vielmehr auf ganzer Strecke und samt der Natur-, Siedlungs- und Wirtschaftsräume, die sie durchqueren und erschließen, als ganzheitlicher Erlebnisraum betrachtet und wieder in Wert gesetzt werden." 18 Anrainerkommunen und der Landschaftsverband Rheinland mit seinem Amt für Bodendenkmalpflege gründeten ein Konsortium zur Verwirklichung des Erlebnisraums, führten Planungs- und Gestaltungswettbewerbe durch, ließen Konzepte entwickeln und realisierten die zahlreichen Maßnahmen.
Roter Faden des Erlebnisraums ist die rund 170 Kilometer lange Rad- und Wanderroute, die auf oder so nah wie möglich an der Originaltrasse geführt wird. Ein einheitliches Kennzeichnungssystem - erkennbar an der Wort-/Bildmarke VIA ERLEBNISRAUM RÖMERSTRASSE - begleitet die Route. Markierungen im Boden geben die Entfernung zum Ausgangspunkt der Straße in Köln in römischen Meilen an. Wo der Verlauf der Originaltrasse nicht mehr sichtbar ist, wurde diese mit Säuleneichen - in ihrer Form mediterranen Zypressen ähnelnd - wie auf einer Landkarte "genadelt". Auch VIA-Banderolen an Bäumen kennzeichnen die historische Trasse. Betonpfeile markieren den historischen Straßenverlauf an Stellen, an denen sich die VIA-Route mit der Trasse der Römerstraße kreuzt bzw. der Rad- und Wanderweg die Trasse der antiken Straße verlässt.
Als Mansio wird im Erlebnisraum Römerstraße ein Einstiegspunkt an den Rad- und Wanderwegen bezeichnet, benannt nach dem römischen Begriff mansio (Rasthaus). Die sechs Mansiones an der Route bieten einführende Informationen zum Erlebnisraum Römerstraße und die Möglichkeit, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen oder die Wanderung zu starten. Für Wanderer und Radler unterwegs bietet sich hier eine Verschnaufpause an, bei der sie sich an den Früchten der in den Grünflächen gepflanzten Obstbäume bedienen können.
Informationstafeln an 94 Sehenswürdigkeiten entlang der Route erläutern verständlich und wissenschaftlich fundiert sowohl römische Fundplätze als auch Denkmäler jüngerer Epochen. An Bahnstationen und größeren Parkplätzen machen allgemeine Informationsstelen auf die in der Nähe befindliche Route aufmerksam. Die hoch aufragenden Stelen aus Corten-Stahl haben eine deutliche Signalwirkung.
Zwei besondere Teilprojekte im Rahmen des Erlebnisraums Römerstraße sind die moderne Präsentation einer ehemals sehr repräsentativen Römervilla in Blankenheim und der Archäologische Landschaftspark in Nettersheim mit einem Matronenheiligtum, den Überresten einer römischen Siedlung und einem spätantiken Kleinkastell. Diese beiden Attraktionen wurden im Sommer 2014 eröffnet.
Pädagogisch und medial aufbereitete Erläuterungen zu den Römerstraßen geben drei neue Informationszentren: Im Römisch-Germanischen Museum der Stadt Köln wird das römische Straßenwesen im Allgemeinen und die Rolle Kölns als Provinzhauptstadt Niedergermaniens anschaulich erläutert. Im Museum Zitadelle Jülich wird Besucherinnen und Besucher in der neuen Ausstellung die Via Belgica und ihre Bedeutung für die Region vermittelt. Das Informationszentrum Eifel ist auf zwei Standorte aufgeteilt: Während es in Blankenheim schwerpunktmäßig um das Thema Landwirtschaft und Landleben - passend zur dortigen Römervilla - geht, stehen in Nettersheim die Agrippastraße als solche und die Nordeifel als Wirtschaftsraum im Mittelpunkt. Ein "Zeitfenster" auf Burg Rode in Herzogenrath unweit der Via Belgica widmet sich der Geschichte der Burganlage, der Stadt und der nahe gelegenen Abtei Rolduc.
Unter www.erlebnisraum-roemerstrasse.de informiert eine eigens entwickelte Internetseite mit georeferenzierter Karte über die Rad- und Wanderroute, die Denkmäler und allerhand Wissenswertes rund um das Thema Römerstraßen. Zusätzlich stellt ein Pocketguide das Projekt und die beteiligten Kommunen mit ihren Sehenswürdigkeiten vor. Zum Thema "Römer Straßen Köln - Durch Raum und Zeit" haben der Museumdienst Köln und das Römisch-Germanische Museum der Stadt Köln ein informatives Begleitheft zum dortigen Informationszentrum herausgegeben.
Zwei jüngst vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RVDL) herausgegebene und im J.P. Bachem Verlag erschienene Freizeitführer laden nach dem Motto "Mit den Römern unterwegs" ein, Agrippastraße und Via Belgica zu Fuß oder per Fahrrad zu erkunden. Reich bebildert beschreiben sie anschaulich den Verlauf der einzelnen Etappen und liefern gleichzeitig fundierte thematische Erläuterungen und viele spannende Geschichten zu den Römerstraßen und den kulturellen Besonderheiten am Wegesrand.
Die beiden Bücher sind ausschließlich im Buchhandel oder direkt beim Bachem-Verlag zu beziehen.
Mit 19 Beteiligten war "Erlebnisraum Römerstraße" das größte Projekt der Regionale 2010. Insgesamt kosteten die Maßnahmen einschließlich verschiedener archäologischer Untersuchungen und der großen Teilprojekte in Nettersheim und Blankenheim 7,6 Millionen Euro. Daran beteiligten sich die Europäische Union mit 50 und das Städtebauministerium NRW mit 30 Prozent. Prof. Dr. Jürgen Kunow, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland: "Das Projekt war sehr anspruchsvoll und wegen der vielen Beteiligten zweifellos auch anstrengend. Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen! Ich bin sicher, dass Ausflügler und Touristen sowie natürlich die Bewohner der Region das neue Angebot nutzen werden. Der Erfolg des vor vielen Jahren von uns initiierten Römerkanalwanderwegs mit jährlich rund 30.000 Besuchern beweist eindrucksvoll, wie gut archäologische Routen angenommen werden."
Uwe Steinkrüger
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Telefon 0228 9834-126
E-Mail: uwe.steinkrueger@lvr.de
www.bodendenkmalpflege.lvr.de