LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Steinwerkstatt des Neandertalers in Troisdorf untersucht

Forschungsgrabung mit modernen Methoden lieferte neue Erkenntnisse

Am Südrand der Wahner Heide, nordöstlich von Troisdorf (Rhein-Sieg-Kreis), liegt am Ravensberg eine der wenigen Steinbearbeitungswerkstätten des Neandertalers in Europa. An dieser Stelle haben Neandertaler den hier vorkommenden Quarzit zur Herstellung von Steinwerkzeugen genutzt. Archäologen des Neanderthal Museums (Mettmann) und des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland erforschten diese Fundstelle im Sommer 2015 mit neuesten Forschungsmethoden.

Das Team aus dem Rheinland unter Leitung von Andreas Pastoors (Neanderthal Museum) und Erich Claßen (LVR) wurde durch Studierende und Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg (Bayern), Ferrara (Italien) und Tarragona (Spanien) verstärkt. Darüber hinaus unterstützte das Geographische Institut der Universität zu Köln das Ausgrabungsteam durch geophysikalische Untersuchungen. Innerhalb von vier Wochen sollte die Fundstelle detailliert nach bislang fehlenden Hinweisen zum genauen Alter und den hier durchgeführten Arbeiten untersucht werden. Möglich wurde das Vorhaben in dieser Form durch eine Förderung der Fritz Thyssen Stiftung (Köln), durch die u. a. umfangreiche naturwissenschaftliche Analysen finanziert werden können.

Die Ausgrabungen am Ravensberg sind ein wesentlicher Bestandteil des Projektes „Ressourcen-Management im Mittelpaläolithikum des Rheinlandes: Neue Untersuchungen am Ravensberg bei Troisdorf (NRW)“, in dem die Forscher der Frage nachgehen, wie die als Jäger und Sammler lebenden Neandertaler bei ihren saisonalen Wanderungen die unterschiedlichsten natürlichen Gesteinsvorkommen nutzten. In diesem Zusammenhang stellt der Ravensberg eine besondere Fundstelle dar, da die hier vorkommenden Quarzitblöcke offenbar wiederholt gezielt aufgesucht wurden, um Steinwerkzeuge herzustellen. Normalerweise haben Neandertaler ein buntes Gemisch von verschiedenen Gesteinen aus dem unmittelbaren Umfeld ihres Siedlungsplatzes aufgesammelt.

Bei den weitergehenden Untersuchungen des Fundmaterials wurden neben den derzeit ausgegrabenen Funden auch jene berücksichtigt, die bereits seit den 1960er Jahren gemacht wurden und im LVR-LandesMuseum Bonn aufbewahrt werden.

Herstellungskette der Neandertaler

Auf einer Fläche von insgesamt 9 Quadratmetern wurde bei den Ausgrabungen im Sommer 2015 ein reiches Inventar von aus Quarzit geschlagenen mittelpaläolithischen Steinartefakten gefunden. Zwar wurde die Fläche der 1960er Grabung nicht entdeckt, dennoch können die beiden Bereiche über die Ähnlichkeiten der Schichtabfolge miteinander korreliert werden.

Unter den neu gefundenen Steinartefakten befinden sich vor allem Stücke, die den Beginn der Herstellungskette belegen: Testen der Quarzitblöcke, große Abschläge mit natürlichen Oberflächen, massive Schlagflächenreste… Darüber hinaus belegen die Kleinfunde die Steinbearbeitung vor Ort.

Die neu entstandenen Aufschlusswände wurden detailliert untersucht, sodass in Zukunft mit genauen Sedimentbeschreibungen und -analysen zu rechnen ist. An insgesamt sechs Stellen wurden Proben für die sogenannte Optisch stimulierte Lumineszenz (OSL) genommen. Bei ehemals dem Sonnenlicht ausgesetzten Gesteinen und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten ist diese Methode zur Datierung der untersuchten Proben geeignet.

Des Weiteren zeigt die Kartierung der Steinartefakte im Umfeld der Grabungsfläche, dass sich der neue Schnitt im Zentrum einer großflächigen Konzentration befindet.

Die archäologischen Funde werden in den kommenden Monaten im Rahmen einer Masterarbeit (Universität zu Köln) wissenschaftlich untersucht. Um die Sedimentanalysen kümmert sich das Geographische Institut der Universität zu Köln.

Grabungsleitung: PD Dr. Andreas Pastoors (Neanderthal Museum), Dr. Erich Claßen (LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland)

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