Diese Kette aus Glasperlen ist Fund des Monats Juni 2018.
Die mit Almandinen belegte Gewandschließe, etwa 2,4 cm im Durchmesser.
Eine weitere Perle aus dem Frauengrab, etwa 1,5 cm groß.
Völlig überraschend entdeckten Archäologen in der Erweiterungsfläche einer Kiesgrube in Weeze-Knappheide (Kreis Kleve) ein bislang unbekanntes frühmittelalterliches Reihengräberfeld. Der 50 x 45 Meter große Bestattungsplatz wies eine recht dichte Belegung und eine deutliche Abgrenzung auf, als wäre er ehemals eingefriedet oder auf andere Weise klar markiert gewesen.
In dem vollständig untersuchten Friedhof (6. bis Anfang 8. Jh.) konnten 89 Körpergräber und bemerkenswerterweise auch 32 Brandgräber freigelegt werden, zu denen auch die jüngsten Bestattungen aus der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts zählten. Das Vorkommen von Brandgräbern in frühmittelalterlichen Nekropolen ist ein Phänomen an der Peripherie des Merowingerreiches, wo verschiedene Ethnien und Glaubensvorstellungen aufeinandertrafen.
Mindestens zwei Drittel der Gräber waren antik beraubt. Der Anteil der beraubten Gräber dürfte noch höher gewesen sein, doch mögliche Spuren fielen bei den teilweise nur noch flach erhaltenen Gräbern späteren durch Erosion verursachten Bodenabträgen oder dem Pflug zum Opfer. Diese Annahme passt auch gut zu den verhältnismäßig wenigen Beigaben – abgesehen von Keramikgefäßen –, die in dem Gräberfeld geborgen werden konnten.
Gezeigt werden hier die Beigaben eines Frauengrabes. Im Grab der Dame, die in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts verstarb, fand sich eine Scheibenfibel mit Almandineinlagen, die als Gewandverschluss diente. 61 Perlen aus nicht-transparentem Glas gehörten wahrscheinlich zu einer oder mehreren Perlenkette(n). Der Verstorbenen waren zudem ein Keramikgefäß, ein Spinnwirtel sowie einige schon damals alte Glasscherben mitgegeben worden, die sie vielleicht in einem Beutel am Gürtel trug. Diese zum Teil mehrere hundert Jahre alten Glasscherben können von ihrer Besitzerin als Tauschobjekte aufgehoben worden sein oder wurden vielleicht auch als Kuriosum oder Glücksbringer aufbewahrt und schließlich mit ins Grab gegeben.
Die Entdeckung dieses Gräberfeldes ist ein Glücksfall, denn merowingerzeitliche Friedhöfe sind am Unteren Niederrhein eine Seltenheit. Eine Ausnahme bildet jedoch der Raum Weeze, wo bereits Teile von Bestattungsplätzen und Einzelgräber dieser Zeit bekannt wurden. Mit diesem neu entdeckten Gräberfeld ergänzt sich das Bild einer in fränkischer Zeit gut erschlossenen Siedlungslandschaft in diesem Gebiet. (Marion Brüggler)
Fotos: Jürgen Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn