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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Auf den Grund gegangen – eine Amphore im Brunnen

Fund des Monats Juli 2020

Eine Ausgrabung in Ratingen-Lintorf brachte einen mittelalterlichen Siedlungsplatz mit mehreren Gebäudegrundrissen zutage. Zu den wichtigsten Befunden zählte ein ca. 3,5 Meter tiefer Brunnen. Dieser bestand aus zwei Teilen, einer hölzernen Röhre im unteren und einer steinernen im oberen Bereich. Letztere bestand aus mehreren Lagen schmalen Bruchsteins. Der fassähnliche Holzkörper unterhalb der Steine setzte sich aus mehreren Hölzern zusammen, die mit Dübeln verzapft waren. Der Boden wies eine Lage Steinplatten auf, auf der sich zwei durch Steine getrennte Schichten aus fingerdicken Zweigen befanden. Darüber war wiederum eine graue Sandschicht eingebracht. Diese Schichtung diente als Filter für das Grundwasser.

In der Verfüllung befanden sich zahlreiche Funde, darunter ein Pferdeschädel und Mahlsteinfragmente. Der bemerkenswerteste Fund in dem Brunnen war jedoch eine vollständig erhaltene Amphore aus Grauware, die unmittelbar auf der grauen Sandschicht lag. Das 59 cm hohe Gefäß hat einen Bauchdurchmesser von 43 cm und war zum Zeitpunkt der Entdeckung nur mit Wasser gefüllt. Ihr Fassungsvermögen lässt sich auf etwa 50 Liter berechnen und im noch feuchten Zustand wog die Amphore 26 kg. Sie ist mit einem gekniffenen Standring und einem im Profil dreieckigem Rand versehen.

Allgemein wird dieser Gefäßtyp in das späte 11. bis 14. Jahrhundert datiert. Wann die Amphore aus Ratingen in den Brunnen gelangte und vor allem warum, bleibt ein Rätsel. Für ein Schöpfgefäß ist sie eindeutig zu schwer und ihr perfekter Zustand spricht gegen eine Entsorgung als Abfall.