LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
im Rheinland
Logo Landschaftsverband Rheinland - zur Startseite
Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Eine Dechselklinge als Zeugnis eines seltenen Friedhofs

Fund des Monats September 2020

Nur selten lassen einzelne vom Acker aufgelesene archäologische Funde Rückschlüsse auf die im Boden erhaltenen Befunde und damit den Typ der Fundstelle zu. So verhält es sich auch bei alleiniger Betrachtung dieses Fundes: der 7,2 cm langen Klinge eines Querbeiles – einer Dechsel – der frühen Jungsteinzeit (5300 – 4900 v. Chr.). Wenn jedoch wie in diesem Fall das Fundstück eines von vielen ist, die im Laufe von Jahrzehnten durch einen Sammler auf benachbarten Ackerparzellen in der Nähe von Elsdorf-Niederembt aufgelesen wurden, ergibt sich aus der Gesamtschau ein anderes Bild.

Diese Aufsammlung, die bei der wissenschaftlichen Aufarbeitung der steinzeitlichen Bestände des LVR-LandesMuseums Bonn untersucht wurde, umfasste 105 Dechselklingen – die meisten davon vollständig oder frisch gebrochen – und 55 Hämatitstücke. Eine Fundkombination, die in dieser Anzahl und Erhaltung für Siedlungen ungewöhnlich ist. Dechsel und Hämatit sind jedoch typische Grabbeigaben der sog. Bandkeramik.

Mit diesem Begriff bezeichnen Archäologinnen und Archäologen die kulturellen Hinterlassenschaften der ersten Bauern Mitteleuropas, die im Rheinland vor etwa 7300 Jahren damit begannen Felder zu bestellen, Tiere zu halten und dauerhaft in festen Häusern zu wohnen. Während bandkeramische Siedlungen häufig bei Ausgrabungen angetroffen werden, sind Friedhöfe selten überliefert. Insofern sind Funde, die auf ein Gräberfeld hinweisen, von besonderer Bedeutung. Die Funde aus Niederembt belegen den erst siebten Bestattungsplatz dieser Zeit im Rheinland mit geschätzt mindestens 150 – 200 Gräbern.

Weiterhin lässt das hier vorgestellte Stück auf weitreichende Austauschbeziehungen innerhalb der Bandkeramik schließen, denn das Rohmaterial stammt – wie auch zahlreiche andere Stücke von diesem und anderen Fundplätzen im Rheinland – mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem böhmischen Isergebirge.