LVR-Amt für
Bodendenkmalpflege
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Tüllenkanne Pingsdorfer Machart, um 1200, Fundort Brauweiler (Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR)

Archäologie
im Rheinland

Rarität im Rheinland

In Rheinbach, Rhein-Sieg-Kreis, wurde ein im Rheinland selten anzutreffendes Grab aus der sog. Glockenbecherkultur gefunden, im Block geborgen und zur weiteren Untersuchung und Konservierung in das LVR-LandesMuseum Bonn gebracht. Typisch für Gräber der spätjungsteinzeitlichen Becherkulturen ist die Beisetzung in Hockerstellung, also in Seitenlage mit angewinkelten Armen und Beinen, sowie das beigegebene becherförmige Gefäß; hinzu kommen hier noch zwei Steingeräte als weitere Beigaben. Die Zeit der Glockenbecherkultur (2600–2200 v. Chr.) zeichnet sich durch eine regelhaft geschlechtsspezifische Bestattungsweise aus: Männer wurden mit dem Kopf im Norden, Frauen mit dem Kopf im Süden beigesetzt, beide Geschlechter blicken nach Osten in Richtung des Sonnenaufgangs. Daher handelt es sich bei dem hier Bestatteten wohl um einen Mann, der ersten Erkenntnissen zufolge vermutlich über 35 Jahre alt war.

Die gute Knochenerhaltung dieser Bestattung ist im Rheinland eine Ausnahme, da Knochen im Allgemeinen von den hiesigen kalkarmen Böden rasch zersetzt werden. Der ungewöhnlich gute Zustand des Skelettes ermöglicht nun weitere Untersuchungen und tiefergehende Erkenntnisse zur Lebensweise in der Zeit der Glockenbecherkultur. DNA-Bestimmungen können Auskunft über Geschlecht und Verwandtschaftsverhältnisse geben, Untersuchungen der Zähne über die Ernährung und den Ort des Aufwachsens.

Die Glockenbecherkultur, am Ende der Jungsteinzeit, entwickelt sich zuerst auf der iberischen Halbinsel und wird mit großen Migrationsbewegungen in Zusammenhang gebracht. Charakteristisch ist eine inselartige Verbreitung über Europa. Es ist eine Zeit großen Wandels, in der Kupfermetallurgie und damit erste Metallverarbeitung aufkommt, erstmalig soziale Unterschiede anhand der Grabbeigaben fassbar sind, sich überregionaler Handel entwickelt und die ersten Pferde domestiziert werden.

Auch der „Amesbury Archer“ ist ein Zeitgenosse, der in den Alpen aufwuchs und schließlich in England reich bestattet wurde – ein Beispiel für die hohe individuelle Mobilität einiger Menschen dieser Zeit. Die aktuell laufenden Untersuchungen werden hoffentlich ebenfalls Aufschluss über die Lebensgeschichte des Toten aus Rheinbach ermöglichen.

Ab 2021 wird das Skelett in der neuen Dauerausstellung des LVR-LandesMuseums in Bonn zu sehen sein. Dort sind bis zum 18.03.2019 die Grabfunde in der Präsentation „Archäologie im Rheinland 2018“ ausgestellt.

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